1) Heilig ist des Herrn Gebot,
unsers Herrn Gebot ist Liebe.
Und, o, dass sie niemand Gott,
niemand Brüdern schuldig bliebe!
Liebe zahlen, o wie süß,
o wie engelschön ist dies!
2) Aber, Herr, was forderst du? -
welche schwere Pflicht ist Lieben!
O, wie viel gehört dazu,
allenthalben Liebe üben,
so dass immer einerlei
Sinn und Herz nur Liebe sei!
3) Unsers Herzen tiefster Grund,
alle Kräfte unsrer Seelen,
Hang und Neigung, Zung' und Mund
sollen Gott, und nichts sonst wählen,
nichts von Welt, den Mammon nicht,
nicht, was uns ins Eitle flicht.
4) Aus der Liebe Gottes quillt
die gleichedle Bruderliebe.
Nur ein Herz von Gott erfüllt,
fühlt und heget heil'ge Triebe,
und es liebt mit Wort und Tat
mit sich selbst in gleichem Grad.
5) Schöne Pflicht, wer sie erringt!
So kann man zum Engel werden,
derer jeder nichts vollbringt,
in dem Himmeln und auf Erden,
als: Gott, Menschen, groß und klein,
Kindern selbst, den Dienst zu weihn.
6) Gott-Mensch du, du hast die Pflicht
reinster Liebe ganz geübet,
bei dem schrecklichsten Gericht
deinen Vater noch geliebet,
noch den Freund, der dich verließ,
noch den Feind, der dich verstieß.
7) Ach, wie weit stehn wir zurück,
Menschenfreund, von deinem Herzen!
Ach, wie streng bleibt unser Blick
bei des Nächsten Not und Schmerzen!
Ach, wie fern sind wir von dir!
Ach, nichts Kält'res ist, als wir!
8) Keinem Menschen fall es ein,
das Gesetz ganz zu erfüllen,
und dadurch gerecht zu sehn. -
bloß durch dich, um deinetwillen
spricht der Vater vom Gericht
ledig, und verdammt uns nicht.
9) Doch, von Gott gerecht erklärt
und durch deinen Geist getrieben,
und durch dein Gebot belehrt,
wollen wir jetzt besser lieben
freunde, Feinde überein,
um dir ähnlicher zu sein.