Hab ich der Rede Sinn vernommen    

1) Hab ich der Rede Sinn vernommen?
Soll das des Freundes Antwort sein?
Zu sich hinaus heißt er mich kommen!
kehrt er nun nicht mehr zu mir ein?
Er klopft an meiner Hütte Pforte
und wendet nicht herein den Fuß?
Steh auf! sind seine ersten Worte,
komm her! ist seiner Liebe Gruß.

2) Ich schlief so sanft, ich träumte lange,
sein Friede ruht' in meiner Brust.
Bei seines Rufes erstem Klange
fuhr ich empor aus stiller Lust –
mich führten meine Traumgestalten
bereits bis an des Himmels Tor,
ich wollte ewig Lager halten –
wie spricht er nun: 'Auf, tritt hervor!'

3) Mein Freund lass mich in deiner Kammer!
Was soll ich d'rausen in der Welt?
Die mir mit Erdennot und Jammer
in vor'gen Tagen nachgestellt.
Du musstest erst mein Herz besiegen,
ich floh dich, in verkehrtem Sinn:
so lass mich nun hier ewig liegen,
lass mich, da ich so selig bin!

4) Ach, seiner Stimme süße Töne
bewegen meines Herzens Grund.
Komm, meine Freundin, meine Schöne,
so ruft er mich, so lockt sein Mund,
steh' auf! ' spricht er – Ich möchte knien –
ja knien möcht' ich, seine Magd.
Zu seinen Füßen will's mich ziehen,
und doch: 'Komm her! ' hat er gesagt.

5) Komm her! ' hat Antwort er gegeben,
steh' auf! ' von deiner Lagerstatt:
ich will mich auf dies Wort erheben,
weil es sein Mund gesprochen hat!
Mein Freund! ich liebe dich herzinnig,
ach! das ist alles, was ich weiß.
Du heißt mich kommen: Sieh', hier bin ich,
hier bin ich, Herr, auf dein Geheiß.

Text:
Melodie: Unbekannt
Bibelstelle: Hohelied 2,10