Großer Herr, darf ich was bitten    

- Die Seele -

1) Großer Herr, darf ich was bitten?
Möchst du mir in deiner Hütten
wohl vergönnen einen Platz?
- Christus -
Nicht nur das sei dir gewähret
sondern, wenn es wird begehret
sollst du werden gar mein Schatz.

- Die Seele -

2) Ach, mein Herz, ich muss gestehen,
darauf war es abgesehen,
nach dir ächzt und seufzt mein Herz!
Nach dir stehet mein Begehren
tu mich dann der Bitt' gewähren
und heil meinen Liebesschmerz!

3) Deine Lieb' hat mich berühret
und mein Herz mir ganz entführet,
dass ich stets möcht' bei dir sein,
und von dir, als meiner Sonnen,
die ich habe liebgewonnen
in mich ziehn den Gnadenschein.

- Christus -

4) Eins muss ich erst von dir hören,
wenn ich mich zu dir soll kehren,
als dein Haupt, Herz, Schatz und Mann.
Ob auch auf dein Wort zu bauen,
dass ich mich dir kann vertrauen?
Denn darauf wird's kommen an.

5) Weißt du auch, wie man muss lieben,
wenn man sich recht drein will üben?
Denn die Lieb' hat ihr Gesetz.
Nicht um Güter, nicht um Gaben,
muss man lieb mich wollen haben,
und nur suchen meine Schätz.

- Seele -

6) Mein Herr, so viel ich mich kenne
mein ich nicht, dass ich so brenne.
Ja, die Liebe sei verflucht,
die zu dir, o Wurzel Jesse!
Geht auf eignes Interesse,
und nur ihren Nutzen sucht.

- Christus -

7) Dies kann gar subtil zugehen
und pflegt öfters zu geschehen
unter allerbestem Schein.
Da man mich zu lieben meinet
und es auch nicht anders scheinet
und man sucht gleichwohl das Sein'.

- Seele -

8) Such, durchforsche meine Nieren,
läutre sie, tust du was spüren,
reinige mein Herzenshaus!
Du hast ja noch Kreuzesbesen,
o du sanftes, reines Wesen!
Dass du dies kannst fegen aus.

9) Du kennst, als ich selbst mich besser,
so bist du ja mein Erlöser,
sieh, ich übergeb mich dir.
Findst du was, das so betrüglich
dich meint, ei, töt's unverzüglich,
ein Dienst soll geschehen mir.

- Christus -

10) Das müsst erst die Probe weisen,
denn mag's erst geliebet heißen,
wenn man kein Verdienst noch Trost
nicht inwendig noch auswendig
sucht noch kriegt, und doch beständig
fort liebt, dass sich zeigt kein Frost.

11) Rechte Liebe lässt mich frieren,
nichts von ihrer Brunst verlieren,
ob sie gleich kommt ins Gericht.
Sie geht freudig in den Kerker
nichts ist stark, sie ist noch stärker,
lässt sich überwinden nicht.

12) Rechte Liebe lässt nicht töten,
und scheut nicht die größten Nöten,
freut sich, wenn sie leiden soll.
Sie kämpft mit den wilden Tieren,
ja, lässt in die Höll' sich führen,
willst du das erfahren wohl?

- Seele -

13) Mein Schatz, gib was mir noch fehlet
in dem, was du jetzt erzählet,
mich zu halten auf das best',
wie du es gern wolltest sehen,
wie du dich in Tief- und Höhen
dennoch allzeit liebe fest.

14) Du weißt doch, dass ich's verlange
und auch darum an dir hange,
weil ich gerne von dir möcht'
immer mehr sein angezündet,
bis sich nicht mehr in mir findet,
das dich nicht wollt lieben recht.

- Christus -

15) Willst du dann auch mich alleine
und dich hängen sonst an keine,
sondern an mich halten nur?
- Seele -
Alles soll in mir erkalten,
ich will nichts als dich behalten,
keine Lieb' zur Kreatur.

- Christus -

16) Liebste, ich geb dir das Siegel,
meinen Kuss, und mich zum Spiegel,
halt dich an das Unterpfand.
Du wirst, hoff ich, Glauben halten,
und nicht in der Lieb' erkalten,
denk an unser Eheband.

- Seele -

17) Hochgebenedeiter König!
Ich, ich bin ja viel zu wenig
aller deiner Lieb' und Gnad'.
O, möcht' ich doch nur vergessen,
alles, nur recht zu ermessen,
an mir Gottes heil'gen Rat.

18) Es sei einmal fest entschlossen,
dass ich nur will von mir stoßen,
was mich sucht zu machen träg.
Oder sonsten nichts kann taugen,
und aus meines Liebsten Augen
räumen alle Unlust weg.

19) Ich will außer Ihm nichts kennen,
auch soll ewig mich nichts trennen
von dem Mund, dem Schoß, der Brust
meines Bräut'gams, der mich heget,
der mich nähret, der mein pfleget,
mir beiwohnt in reiner Lust.

Text:
Melodie: Jesus Christus herrscht als König