1) Gott, wenn ich diesen Allmachtszeugen,
die Sonn' am blauen Himmel seh,
so kann mein Herze nimmer schweigen,
so blick ich betend in die Höh'!
Dies Aug' ist's, das vom Himmel blitzet,
und tief in meine Seele dringt,
dass sie, vom Freudenstrom erhitzet,
auch ihres Schöpfers Ruhm besingt.
2) Wer mit genauem Fleiß erblicket,
welch Wunder deine Sonne tut,
wird in Bewunderung entzücket,
und fühlt auch ihre Lebensglut.
Sie ist der Quell der Nahrungsgeister,
des mächt'gen Vaters Feuerherd,
wodurch der große Speisemeister
auf Erden seine Kinder nährt.
3) Aus ihr fließt aller Pflanzen Stärke,
sie ist die Mutter der Natur.
Sie wirket lauter Wunderwerke
in groß- und kleiner Kreatur.
Sie ist es, die die Welt erneuet,
die Erd', ohn' ihren Strahlenschein
würd' arm, von Lichtern unbestreuet,
ein Körper ohne Seele sein.
4) Was auf der Fläche sich beweget,
was in des Meeres Tiefe lebt,
was in der Himmelsluft sich reget
und in dem Erdenschoße webt.
Was wir von Berg und Fluren schneiden,
das alles hat die Sonn' erweckt
und über ihm voll Siegesfreuden
ihr goldnes Banner aufgesteckt.
5) Sie ist des Höchsten Liebesflügel,
das Herz und Mark der ganzen Welt.
Man siehet wie durch einen Spiegel
Gott selbst in einem lichten Zelt.
Ihr großes Meer der Lebensgluten
wirkt in dem geistigstarken Schein
bis in des Meeres tiefste Fluten
und in der Erde Zentrum ein.
6) O Gott, von dessen Liebesblicken,
von dessen gnadenvoller Hand,
sich alle Welten stets erquicken
in ihrem ewig neuen Stand:
mit deinen hohen Wunderwerken
lässt auch der Sonnen feurig' Heer
uns deinen Allmachtsfinger merken,
und Dich, du heilig' Sonnenmeer.
7) Wenn ich die Sonnenwärme spüre,
so gib durch deines Geistes Kraft,
dass auch mein Undank sich verliere,
des Herzens tote Eigenschaft.
Lass durch mein äußerlich' Erkennen
mein Herz in reiner Gegentreu'
für dich mit lichter Flamme brennen,
dass es dein heilig' Opfer sei!