Gott du lässest mich erreichen abermal die Abendzeit    

1) Gott du lässest mich erreichen
abermal die Abendzeit.
Das ist mir ein neues Zeichen
deiner Lieb' und Gütigkeit.
Lass jetzund mein schlechtes Singen
durch die trüben Wolken dringen,
und sei gegen diese Nacht
ferner auf mein Heil bedacht.

2) Neige dich zu meinen Bitten,
stoß nicht dies, mein Opfer weg,
hab ich gleich oft überschritten
deiner Wahrheit heilgen Steg,
so verfluch ich meine Sünden
und will mich mit dir verbinden,
reiß du nur aus meiner Brust
alle Wurzel böser Lust.

3) Herr, es sei mein Leib und Leben,
und was du mir hat geschenkt,
deiner Allmacht übergeben,
die den Himmel selbst beschränkt.
Lass um mich und um die Meinen
einen Strahl der Gottheit scheinen,
der, was deinen Namen trägt,
als mein Gut zu schätzen pflegt.

4) Lass mich mildiglich betauen
deines Segens Überfluss,
schirme mich vor Angst und Grauen,
wende Schaden und Verdruss,
Brand und sonst betrübte Fälle,
zeichne meines Hauses Schwelle,
dass hier keinen nicht der Schlag
des Verderbens treffen mag.

5) Wirke du in meinen Sinnen,
wohne mir im Schatten bei,
dass mein schlafendes Beginnen
dir auch nicht zuwider sei.
Schaffe, dass ich schon auf Erden
mag ein solcher Tempel werden,
der nur dir, und nicht der Welt,
ewig Licht und Feuer hält.

6) Geht, ihr meine müden Glieder,
geht und senkt euch in die Ruh',
wenn ihr euch regt morgen wieder,
schreibt es eurem Schöpfer zu,
der so treue Wacht gehalten.
Wenn ihr aber müsst erkalten,
wird des bittern Todes Pein
doch der Seelen Vorteil sein.

Text:
Melodie: Du, o schönes Weltgebäude zeigest