Gib, Jesu, Sanftmut mir ins Herz    

1) Gib, Jesu, Sanftmut mir ins Herz,
dass ich mich selbst nicht räche.
Nicht Lindrung mir für meinen Schmerz,
aus fremdem Schmerz verspreche:
auch wenn mein Fleisch sich schon empört,
und dürstiglich nach Rach' begehrt, -
des Fleisches Willen breche.

2) Ein Vater hat uns ja gemacht,
zu eines Hauses Kinder.
Nur ein Herr hat uns Heil gebracht,
uns ganz erstorbnen Sündern.
So wie auch ein Geist uns regiert,
zu einem Erb' uns alle führt,
wenn nur nicht wir ihn hindern.

3) Mein Gott, wie darf doch ich, dein Kind,
den schwachen Bruder hassen?
Ach, wie so große Schulden sind
mir selbst von dir erlassen!
Wer wär ich, ständ ich nicht bereit,
alsbald versöhnt, in Einigkeit
den Bruder zu umfassen?

4) Komm, Bruder, komm, reich her die Hand!
Wir wollen uns versöhnen,
uns auch von dem, was uns entbrannt,
von Stolz und Neid entwöhnen!
Verzeihn hält zwar die Welt für Schmach,
doch wir, wir folgen Jesu nach.
Mag gleich die Welt uns höhnen!

5) Wir tragen ein gleich sanftes Joch,
die wir uns Christen nennen.
Wie dürsten wir, wir Glieder doch
an einem Leib, uns trennen?
Und sprich, woran lässt sich der Christ,
wenn er doch Gott nicht ähnlich ist,
für Gottes Kind erkennen?

6) Wir haben alle Gottes Gnad'
in einem Herrn zu finden.
Auch wäscht ein heilig' Wasserbad
uns alle rein von Sünden,
da auch ein Nachtmahl alle speist,
wie soll denn nicht ein Herz und Geist
uns allesamt verbinden!

7) Und haben wir denn einen Geist,
wie kannst du "Racha" sprechen?
Da dein Leib Gottes Tempel heißt,
wie darf ich ihn zerbrechen?
Nein Bruder, Grimm sei von uns fern!
Wir stehen einst vor einem Herrn,
der möcht an uns sich rächen.

Racha bzw. Rake, ein Schimpfwort (etwa: Dummkopf), vgl. Matthäus 5,22

Text:
Melodie: Aus tiefer Not schrei ich zu dir