Gib Gott, dass ich mich selber liebe    

1) Gib Gott, dass ich mich selber liebe,
wie mir dein heilig' Wort gebeut.
die Pflicht der Selbsterhaltung übe,
ohn' höhrer Pflichten Widerstreit.
Denn wer nicht liebet seine Pflicht
mehr als sein Leben, liebt sich nicht.

2) Gott, gib mir Weisheit vor Gefahren
der blinden Leidenschaften, auch
des frevlen Leichtsinns zu bewahren
mein Leben, deines Atems Hauch,
verliehn für diese Furche Zeit
zur Aussaat für die Ewigkeit.

3) Drum will ich viel des Guten streuen
und mein Beruf sei meine Welt.
Nie soll mein Fleiß die Dornen scheuen
auf dem mir zugeteilten Feld.
Gott, deinem emsig treuen Knecht
blühn Rosen auch aus Dorngeflecht.

4) Was mir von Gütern dieser Erde,
Gott, deine Vaterhuld beschert,
verleih, dass es von mir nicht werde
durch Habsucht, oder Geiz entehrt.
Ihr Pesthauch tötet in der Brust
des Guten Keim, des Wohltuns Lust.

5) Das anvertraute Pfund mit Segen
für seine Brüder, und für sich
auf Wucher eifrig anzulegen, -
Gott, lehre diese Weisheit mich!
So mach ich durch das Gut der Zeit
mir Freunde in der Ewigkeit.

6) Von Freuden, die am Weg mir sprießen,
lass, Vater, mich mit weisem Maß
als Lebenswürze, die genießen,
die sich ein rein' Gemüt erlas.
Selbst diese heiligt und verklärt
der Blick auf den, der sie gewährt.

7) Reizt mich ein unerlaubt Verlangen,
so lass dein leicht verführtes Kind
erkennen dann, wie giftge Schlangen
verborgen unter Blumen sind.
Gib Kraft und Mut, wenn auch mit Schmerz,
zu siegen übers eigne Herz.

8) Indes sich meines Lebens Sonne
zum Horizont allmählich neigt,
verleihe, dass in mir die Sonne
der Selbstvollendung täglich steigt.
Sinkt jene, tret ich in die Reihn
erhabner Geister selig ein.

Text:
Melodie: Wer nur den lieben Gott lässt walten