Gib, dass ich mich und dich erkennen    

1) Gib, dass ich mich und dich erkennen,
mein Jesu, der du alles weißt.
Und mich nicht eher etwas nenne,
bis mich die Tat im Werke preist.
Lass mich selbst fragen: Wer ist sei?
Und gib, dass ich bekenne frei.

2) Wer bin ich denn in meinem Glauben?
Die Antwort heißet wohl: Ein Christ.
Doch dieser Ruhm ist leicht zu rauben,
wo man nicht immer christlich ist.
Drum gib mir einen wahren Ruhm
durch ein recht tätigs Christentum.

3) Wer bin ich denn in meinem Stande?
Ein Knecht, den du gemietet hast.
Und doch sind deine Liebesbande
mir noch zu weilen eine Last.
Ach, gib mir einen treuen Sinn,
dass ich kein fauler Baum nicht bin.

4) Wer bin ich denn in meiner Sünde?
Ach, leider, gar ein Höllenkind!
Hilf, dass ich dieses recht empfinde
und mich in Buße zu dir find.
Weil du allein der Mittler bist,
der unter uns getreten ist.

5) Wer bin ich denn in meinem Glücke?
Ein Ball, der da und dorthin fleugt.
Drum warne mich vor seiner Tücke,
wie mancher fällt, indem er steigt.
Das beste Glück in dieser Welt,
wenn man zum Freunde dich behält.

6) Wer bin ich denn in meinen Ehren?
Viel schlechter, als Johannes war.
Der wollte nichts vom Ruhme hören
und stellte sich in Demut dar.
Ach, lass mein Herz auch niedrig sein,
gebückt geht man zum Himmel ein.

7) Wer bin ich denn in meinem Leben?
Nur eine Stimme, die vergeht.
Drum lass mich nicht am Eitlen kleben,
weil mir die Schrift vor Augen steht:
gedenk ans Ende, was du tust,
gedenke, dass du sterben musst.

8) Wer bin ich denn in meinem Leiden?
Die Rose, die in Dornen blüht.
Doch niemand kann das Kreuze meiden,
der um den Himmel sich bemüht.
Johannes ließ die Wüsten hier
und ging ins Paradies zu dir.

9) Wer bin ich denn in meinem Sterben?
Ein Mensch, der durch den Jordan geht.
Der kann im Tode nicht verderben,
der nur in deinem Bunde steht.
Mein Grab wird ein Bethabara,
ein Übergang nach Kanaa.

10) Wer bin ich denn bei dir im Himmel?
Ein Lamm, das ewig Weide find't.
Da störet mich kein Weltgetümmel,
da raset kein Verfolgungswind.
Und wie ich hier bekannte dich,
ach so bekennst du dorten mich.

11) Nun weiß ich, wie ich mich soll nennen,
ach schreib es fest in meinen Sinn.
Uns lass mich dich im Glauben kennen,
bis ich bei dir im Schauen bin,
wo alle Frommen sich erfreun,
Elias und Johannes sein.

fleugt = alte Form von "entfliegt", auch "entflieht"

Bethabara oder Bethanien (deutsch „Haus der Feigen“), ist ein Dorf in Palästina südöstlich von Jerusalem, an der Ostseite des Ölberges, etwa 15 Stadien (etwa 2,7 km) von Jerusalem entfernt (Johannes 11,18), Heimatort der im Neuen Testament der Bibel erwähnten Geschwister Maria, Martha und Lazarus. Hier ist nach Hieronymus schon in alter Zeit über dem Grab des Lazarus eine Kirche gebaut worden. In Bethanien lag auch das Haus Simons des Aussätzigen (Matthäus 26,6). Schmolck stellt hier Bethanien als Ort der Welt und der Sterblichkeit Kanaan als dem gelobten Land, dem Paradies gegenüber.

Text:
Melodie: Wer nur den lieben Gott lässt walten