1) Gerötet von der Sonne letzten Blicken,
lag Gottes Welt in stiller Feier da.
Der Landschaft Reiz goss heiliges Entzücken
mir in den Geist, der nie sie schöner sah.
2) Der Saaten grün am sanftgeschwellten Hügel
war von des Abends Golde mild beglänzt.
Der See, des blauen Äthers reinen Spiegel,
von schlanker Pappeln lichtem Grün umkränzt.
3) O, du bist schön! So rief, durchglüht von Freude,
mein Herz an des Gestades Felsenrand.
O Erde, schön im holden Jugendkleide,
im Brautkranz, den der Lenz dir liebend wand!
4) Jetzt, Erde, sing ich dir noch Wonnelieder,
o du, die mir der Freuden Fülle gab!
Und doch sink einst in deinen Schoß ich nieder,
doch grünt auf dir schon mein bestimmtes Grab!
5) Wenn dann der Lenz, die Schöpfung zu verjüngen,
belebend sich dir an den Busen schmiegt,
dann wird mein Staub in junge Blumen dringen,
worauf der West an meiner Gruft sich wiegt.
6) Und aufgelöst in Millionen Teilchen
wird meines Geistes Hülle bald verwehn.
In Halmen grünen, duften in den Veilchen,
die einsam an des Hügels Kreuze stehn!
7) Es sei, dass Staub der Erdenschleier werde!
O, darum schreckt mich doch dein Anblick nicht!
Wann fiel die Saat in deinen Schoß, o Erde,
und drang verwandelnd nicht aufs Neu ans Licht?
8) Der Keim sinkt erst in deine Kühle nieder,
und sprießt zum Baum, zur Blume dann empor:
so geh auch ich am großen Morgen wieder,
nach kurzem Schlummer, aus der Gruft hervor.
9) Dann werd ich die Geliebten wieder kennen,
die hier der Tod von meiner Seite nahm,
doch wer vermöcht, o Wonne, dich zu nennen,
die noch in keines Menschen Seele kam?