Fort die feuchten Wolkenschleier    

1) Fort die feuchten Wolkenschleier,
hin des Winters düstrer Traum,
drin dem schaffensfreud'gem Triebe
gab die Seele nimmer Raum.
Eis'ge Stürme mussten fliehen,
fort die finst'ren Schatten ziehen.

2) Milder, süßer Odem wehet
in den Tälern, in der Brust,
und des Lenzes hold' Erwachen
weckt im Herzen neue Lust
froh zu wirken und zu hoffen
in dem Weh, von dem's getroffen.

3) Wenn des Frühlings Sonne lächelnd
lindert manchen alten Schmerz.
Und mein Aug' in feuchtem Glanze
blicket dankend himmelwärts,
wann wird - fragt mein Herz beklommen -
einst der Völkerfrühling kommen?

4) Jener Frühling, dessen Wehen
schmilzt des ew'gen Hasses Eis,
und in alle Menschenherzen
hauchet Liebe, wahr und heiß?
Dessen reine, heil'ge Blüten
alle, alle treulich hüten?

5) Wann wird jener Lenz erscheinen,
der mit Jesu Himmelslicht
allen Irrtums, allen Wahnes
kalte Finsternis durchbricht,
dass hier keinen mehr vergebens
lock der Ruf des ew'gen Leben?

6) Völkerfrühling, komm, erwache!
Lass in deinem holden Schein
alle, die umnachtet irren,
eines Hauptes Glieder sein.
Jenes Hauptes, uns gegeben,
als ein Licht und Trost im Leben!

Text:
Melodie: Werde Licht, du Stadt der Heiden