Es lebt kein Mensch auf unsrer Erden    

1) Es lebt kein Mensch auf unsrer Erden,
der niemals hilfsbedürftig sei!
Lasst ihn zum Herrn der Fürsten werden,
und legt ihm Millionen bei:
wird ihm nie seine Nahrung fehlen.
Er nie auf's Krankenbett gelegt,
kein Wunsch in seiner Brust gehegt,
kein Kummer seine Seele quälen?

2) So lang als wir hienieden leben,
sind wir von Sorg' und Traurigkeit,
von manchen Mängeln stets umgeben,
von mancher Unvollkommenheit.
Wir brauchen Hilf, doch, Christen, trauet
auf Menschenhilfe nicht zu fest,
die oft den Toren bald verlässt,
der auf ihr seinen Hoffnung bauet.

3) Ihr wolltet euch an Menschen halten?
Verließet euch auf Menschengunst?
O, eines Menschen Herz entfalten,
ist eine schwere, schwere Kunst!
Seht, wie die Weisesten der Erden,
durch leeren Trost, durch Schmeichelei,
durch äußern Schein und Gleisnerei,
getäuscht und hintergangen werden!

4) Nimm an, das Herz des Mächt'gen wäre
für dich gestimmt, und wollt dein Glück,
verspräch dir Reichtum, Macht und Ehre,
und zög nie treulos sich zurück: -
der mächtigste, der größte König,
bleibt er nicht Mensch, und klein, und schwach?
Ach, bei dem besten Ernst vermag
der Erdensohn unendlich wenig!

5) Nimm an, der, der dir helfen wollen,
hätt' guten Willen, hätte Kraft,
wird er denn niemals sterben sollen,
nicht schnell vielleicht dahin gerafft?
Und lebt er, wird er sich erhalten
auf jener Höh', die er erstieg?
Wird seine Gnade gegen dich,
nie laulicht, niemals ganz erkalten?

6) Du, der du traurig und verlassen,
und hilflos bist und ohne Ruh',
eil, willst du selbst dein Glück nicht hassen,
nicht Menschen, deinem Gotte zu!
In seinen treuen Vater-Armen,
da wird dir, der du weinest, Heil,
und Freud' und Heiterkeit zu Teil,
und großes göttliches Erbarmen!

7) Gott will dich gerne glücklich sehen,
er freuet sich, wenn du es bist,
und was er will, das kann geschehen,
weil seine Hand allmächtig ist.
Er stirbet nicht, und wenn er winket,
ist alles ewig ihm bereit,
und seine Lieb' und Gütigkeit
weicht nicht, wenn schon die Erde sinket.

8) Nun, wird mir meine Nahrung fehlen,
schickt Gott mir kranke Tage zu.
Wird Hoffnung oder Furcht mich quälen.
Verscheucht der Gram von mir die Ruh',
und dann in meinen letzten Stunden,
im Kampf des Lebens mit dem Tod,
eil ich allein zu dir, mein Gott,
werf mich getrost in Jesu Wunden.

Text:
Melodie: Unbekannt