Es ist das Heil uns kommen her    

1) Es ist das Heil uns kommen her
von Gnad und lauter Güte;
die Werk, die helfen nimmermehr,
sie mögen nicht behüten.
Der Glaub sieht Jesum Christum an,
der hat gnug für uns all getan,
er ist der Mittler worden.

2) Was Gott im Gsetz geboten hat,
da man es nicht konnt halten,
erhub sich Zorn und große Not
vor Gott so mannigfalten:
vom Fleisch wollt nicht heraus der Geist,
vom Gsetz erfordert allermeist;
es war mit uns verloren.

3) Doch muss das Gsetz erfüllet sein,
sonst wärn wir all verdorben;
drum schickt Gott seinen Sohn herein,
der selber Mensch ist worden;
das ganz Gesetz hat er erfüllt,
damit seins Vaters Zorn gestillt,
der über uns ging alle.

4) Und wenn es nun erfüllet ist
durch den, der es konnt halten,
so lerne jetzt ein frommer Christ
des Glaubens recht Gestalte.
Nicht mehr denn: Lieber Herre mein,
dein Tod wird mir das Leben sein,
du hast für mich bezahlet.

5) Daran ich keinen Zweifel trag,
dein Wort kann nicht betrügen.
Nun sagst du, dass kein Mensch verzag,
das wirst du nimmer lügen:
Wer glaubt an mich und wird getauft,
demselben ist der Himml erkauft,
dass er nicht werd verloren.

6) Es ist gerecht vor Gott allein,
der diesen Glauben fasset;
der Glaub gibt von sich aus den Schein,
so er die Werk nicht lasset;
mit Gott der Glaub ist wohl daran,
dem Nächsten wird die Lieb Guts tun,
bist du aus Gott geboren.

7) Es wird die Sünd durchs Gsetz erkannt
und schlägt das Gwissen nieder;
das Evangelium kommt zuhand
und stärkt den Sünder wieder
und spricht: Nur kreuch zum Kreuz herzu,
im Gsetz ist weder Rast noch Ruh
mit allen seinen Werken.

8) Die Werk, die kommen gwißlich her
aus einem rechten Glauben;
denn das nicht rechter Glaube wär,
wolltst ihn der Werk berauben.
Doch macht allein der Glaub gerecht;
die Werk, die sind des Nächsten Knecht,
dran wir den Glauben merken.

9) Die Hoffnung wart’ zur rechten Zeit,
was Gottes Wort zusage;
wann das geschehen soll zur Freud,
setzt Gott kein gwisse Tage.
Er weiß wohl, wanns am besten ist,
und braucht an uns kein arge List;
des solln wir ihm vertrauen.

10) Ob sichs anließ, als wollt er nicht,
lass dich es nicht erschrecken;
denn wo er ist am besten mit,
da will ers nicht entdecken.
Sein Wort lass dir gewisser sein;
und ob dein Fleisch spräch lauter Nein,
so lass doch dir nicht grauen.

11) Sei Lob und Ehr mit hohem Preis
um dieser Guttat willen
Gott Vater, Sohn und Heilgem Geist,
der woll in uns erfüllen,
was er in uns angfangen hat
zu Ehren seiner Majestät,
dass heilig werd sein Name.

12) Sein Reich zukomm; sein Will auf Erd
gscheh wie im Himmelsthrone;
das täglich Brot noch heut uns werd;
will unsrer Schuld verschonen,
als wir auch unsern Schuldnern tun;
lass uns nicht in Versuchung stehn;
lös uns vom Übel. Amen.

Was es mit dem Glauben und den „guten Werken“ auf sich hat, erläutert der Theologe Paul Speratus, ein Zeitgenosse Luthers, in differenzierter und konzentrierter Argumentation, wobei das Lied ursprünglich noch einige Strophen mehr enthielt. Die Schlussstrophen sind eine Reimfassung des trinitarischen Lobpreises und des Herrengebets. Die Melodie entspricht den Mustern der deutschen Meistersingerkunst und wurde in der Folge für zahlreiche andere evangelische Kirchenlieder verwendet. (Andreas Marti)

Text: (1523)
Melodie: (1390), (1523)
CCLI-Nr.: 5225576
Info: https://de.wikipedia.org/wiki/Es_ist_das_Heil_uns_kommen_her,_BWV_9

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