Erleucht mich, Herr, mein Licht    

1) Erleucht mich, Herr, mein Licht,
ich bin mir selbst verborgen
und kenne mich noch nicht,
ich merke dieses zwar,
ich sei nicht, wie ich war,
indessen fühl ich wohl,
ich sei nicht, wie ich soll.

2) Ich lebt' in stolzer Ruh',
und wusste nichts von Sorgen,
vor diesem, aber nu
bin ich ganz voll Brast
und mir selbst eine Last.
Was vormals meine Freud',
macht mir jetzt Herzeleid.

3) Kein zeitlicher Verlust
verursacht diese Schmerzen,
so viel mir je bewusst,
mich liebt manch teurer Freund,
mich überwind't kein Feind.
Der Leib hat, was er will,
Gesundheit, Hüll' und Füll'.

4) Nein, es ist Seelenpein,
es kommt mir aus dem Herzen
und dringt durch Mark und Bein,
nur dies, dies liegt mir an,
dass ich nicht wissen kann,
ob ich ein wahrer Christ,
und du mein Jesus bist.

5) Es ist nicht so gemein
ein Christe sein, als heißen,
ich weiß, dass der allein
des Namens fähig ist,
der seine liebste Lust
durch Christi Kraft zerbricht
und lebt ihm selber nicht.

6) Es ist ein Selbstbetrug
mit diesem Wahn sich speisen,
als ob dies schon genug
zur Glaubens-Probe sei,
dass man von Lastern frei,
die auch ein blinder Heid'
aus Furcht der Schande meidt.

7) Der zeigt nur Christum an,
der aus sich selbst gegangen
und seines Fleisches Wahn,
vermögen, Lust und Rat,
gut, Ehr, und was er hat,
von Herzen hasst und spricht:
nur Jesus ist mein Licht.

8) Das ist des Glaubens Wort
und dürftiges Verlangen,
Herr Jesu, sei mein Hort,
Versöhner, Herr und Schuld
und führ mich, wie du willst,
dein bin ich, wie ich bin,
nimm mich zu eigen hin.

9) Wer dies nicht gründlich meint,
dess' Glaub' ist noch untüchtig,
der bleibt noch Gottes Feind,
sein Hoffnungsgrund ist Staub,
und hält zuletzt nicht Stand,
der ein'ge Glaubensgrund
ist dieser Gandenbund.

10) Hier, sorg ich, fehlt es mir,
die Lieb' ist noch nicht richtig,
die ich, Herr Christ, zu dir
jetzt habe, weil ich doch,
bei nah' ein Christe noch,
die Welt und Lust noch mehr
geliebt als deine Ehr'.

11) Mein Herz, begreif dich nun,
ich muss es redlich wagen,
ich komm eh' nicht zur Ruh',
sagst du hiermit der Welt
und was dem Fleisch gefällt,
rein ab und Christo an,
so ist die Sach' getan.

12) Du Erd-Wurm, solltest du
dem Kön'ge dich versagen,
dem alles stehet zu,
der allein weis' und reich,
der alles ist zugleich,
der selbst die ganze Welt
erschaffen und erhält.

13) Wenn alles wird vergehn,
was Erd' und Himmel heget,
so bleibt er fest bestehn,
sein Wesen nimmt nicht ab,
die Gottheit weiß kein Grab,
und wen er einmal kennt,
dess' Wohlstand nimmt kein End'.

14) Wer aber in der Zeit
mit ihm sich nicht verträget,
der bleibt in Ewigkeit
von Gottes Freudenhaus
ganz, ganz geschlossen aus,
vergöss' er in dem Weh
auch eine Tränen-See.

15) Wünscht nun Gott den Vertrag,
lass ihn dein Ja-Wort hören,
o liebe Seel' und sag:
dir opf'r ich gänzlich auf,
o mein Gott, meinen Lauf,
und Geist und Leib und Blut,
Lust, Ehre, Hab und Gut.

16) Tu, was du willst mit mir,
werd' ich nur zugerichtet
zu deinem Preis und Zier,
ein Fass der Herrlichkeit,
mit deinem Heil bekleidt,
geheiligt nun und dann:
wohl mir, so ist's getan!

Brast = schwerer Kummer

Text:
Melodie: Unbekannt