Entwinde dich der Erde Lüsten    

1) Entwinde dich der Erde Lüsten,
mein Herz, und schwing dich himmelan!
Nicht findest du in Erdenwüsten,
was dir den Frieden geben kann.
Du darbst bei allem Überflusse,
all dein Besitz vergnügt dich nicht.
Die Unlust folget dem Genusse
und Finsternis dem Flatterlicht.

2) Ein Erbe bin ich, auserkoren
der Güter, die kein Sinn erfasst.
Ein Kind des Lebens, neugeboren,
von Gott geliebt, der Welt verhasst.
Ein Pilger bin ich hier auf Erden,
des' Bürgerrecht im Himmel ist:
drum muss die Lust verleugnet werden,
gedämpft des Fleisches Trug und List.

3) Mag auch das eitle Kind betören
der Glanz der Güter dieser Zeit:
ihr Flitter, dürfte er mich stören
im Ringen nach der Seligkeit?
Er kann ja keine Trost mir geben,
er macht kein Herz der Freude voll.
O Welt, im Tode steht dein Leben -
und deine Freude, sie ist toll.

4) Drum nur getrost den Kampf begonnen
mit deinem Herzen und der Welt,
und ruhe nicht, bis du entronnen
den Netzen, die sie dir gestellt!
Verschließe deines Geistes Pforten,
das Aug' dem Tand, der glänzend strahlt,
das Ohr den süßen Schmeichelworten
der Armut, die mit Anmut prahlt!

5) Vor Satans Zorn darf dir nicht grauen,
nicht vor der Menschen Hohn und Wut.
Ruhst du auf Jesu im Vertrauen,
wächst dir im Kampfe stets der Mut.
Mit ihm vereint kannst du es wagen
mit aller Feinde starkem Heer.
Hinweg mit Kleinmut, Bangen, Zagen,
und stürmt es auch, wie's wilde Meer!

6) Im Kampfe wird die Kraft empfunden,
die aus dem Tode Jesu fließt,
und wenn der Feind ist überwunden:
in unsre Seele sich ergießt
ein Friedensstrom, der tief entquillet
dem Heiligtum der Ewigkeit,
der alle Schmerzen kräftig stillet,
und labt mit Himmelssüßigkeit.

7) Sind überköstlich schon die Gaben,
die jeder neue Sieg hier bringt:
wie wird uns ihre Fülle laben
dort, wo man nicht mehr seufzt und ringt!
Da wandeln auf den Freuden-Auen
die Überwinder ohne Zahl
und ihn, den sie hier liebten, schauen
sie nah' beim großen Abendmahl.

8) Mein Jesu, will ich hier ermatten,
so wehe mich dein Atem an!
In Kampfesglut sei du mein Schatten,
mein Schild, dass mich nichts töten kann.
Lass mich, der du vorangegangen
zur Majestät durchs blut'ge Leid,
dir überwindend nachgelangen
ins Land der Unvergänglichkeit!

Text:
Melodie: Die Tugend wird durchs Kreuz geübet