1) Entreiße dich, mein Geist,
der trüben Nacht, die Herz und Sinn bedecket.
Dein Heil ist da, dein Licht wird angestecket,
dein Stern geht auf, der dich zur Sonne weist.
Verfüge dich zu deines Jesu Wiegen
und sieh das zarte Lamm,
den holden Bräutigam,
zwar arm an Pracht, doch reich an Liebe liegen.
2) Hier findest du ein Kind,
dem Lieb' und Huld auf Stirn und Brust gepräget,
das teure Blut in reinen Adern heget,
das sich mit uns und unsrer Not verbindt.
Hier ist ein Sohn, den uns der Himmel schenket,
der durch sein kostbar Blut
des Abgrunds heiße Glut
und Gottes Zorn für uns zu löschen denket.
3) Kaum hat der Sonne Licht
zum achten Mal die finstre Welt beleuchtet,
da schon sein Blut die arme Windeln feuchtet,
da man von ihm die erste Früchte bricht.
Er lässt auf sich des Moses Messer schärfen,
und des Gesetzes Last,
die Andern so verhasst,
der Welt zu gut auf seine Schultern werfen.
4) Anbetungswertes Lamm!
So zeigst du schon im Morgen deiner Jahre,
dass deine Treu das eigne Blut nicht spare.
Du heißt mit Recht ein blut'ger Bräutigam.
Wie kannst du doch die Braut so innig lieben,
dass du aus freier Huld
die Quittung ihrer Schuld,
die sie gemacht, mit deinem Blut geschrieben.
5) Du weißt von keinem Joch,
und kein Gesetz darf deine Freiheit finden.
Du fühlest nichts von Fluch und eignen Sünden,
du bist ein Herr und dienst den Knechten doch.
Verbindest dich, was wir geraubt, zu büßen,
und gibst das Unterpfand
schon jetzund auf die Hand,
da von dem Blut die ersten Tropfen fließen.
6) O, unbefleckten Blut!
Du quillst hervor aus einem holden Triebe,
du riechst nach nichts, als lauter edler Liebe.
O teurer Schatz, o überirdisch' Gut!
Ach, möchte dich mein Geist recht kostbar achten,
und solch' ein Liebes-Pfand
mit reiner Glaubenshand
zu seinem Heil sich zuzueignen trachten.
7) Ich will im neuen Jahr
dein Blut, o Lamm, an meine Schwellen streichen,
so wird von mir der strenge Würger weichen,
so bin ich frei von Grauen und Gefahr.
Färbt dieses Blut, o Mittler, meine Türen,
so wird kein Fluch, noch Tod,
kein Sturm der grimmsten Not
in diesem Jahr die freie Seele rühren.
8) Dank sei dir, teures Kind!
Für dies Geschenk der blut'gen Liebes-Proben,
die du mir schon zu geben angehoben,
da man dich noch in deinen Windeln findt.
Doch lässt dein Herz es dabei nicht bewenden,
es folgt ein roter Bach
den einzeln Tropfen nach,
ein Bach aus Brust, aus Adern, Füßen, Händen.
9) Ich möcht' auch nun mein Blut,
o süßes Kind, vor heißer Liebe wallen!
Ach, möchte dir ein Halleluja schallen,
so oft mein Puls nur neue Schläge tut.
Ach, möcht' ich dir stets neue Proben geben,
dass ich mit ew'ger Treu
dir ganz ergeben sei!
Ach, möcht' ich nur in deiner Liebe leben!