1) Eine Sonne sinkt zum Meere,
tausend gehn statt ihrer auf.
Alle Sterne, Gottes Heere,
gehn am Himmel Herrlich auf.
So zeigt selbst die Mitternacht
Gottes Majestät und Pracht.
So ruft jener Sonnenschimmer:
'Gott ist Hüter, schlummert nimmer!'
2) Auf mich will sein Auge achten,
schließt das meine gleich sich zu.
Werd' ich nach der Tugend trachten,
geh' ich fröhlich hin zur Ruh'.
Denn, bin ich Gott gleich gesinnt,
liebt er mich, sein treues Kind.
Weil ich nur aus Schwachheit fehle,
bleibt Gott Vater meiner Seele.
3) Deine Macht, Herr, wird uns decken,
holder Schlaf werd' uns gesandt.
Ungemach und banges Schrecken
werd' durch dich von uns gewandt!
Menschenvorsicht, alle Kunst,
wehret nicht der Feuersbrunst,
nicht der Flut, nicht Wetterstürmen,
willst du, Vater, uns nicht schirmen.
4) Kraftlos legen wir uns nieder,
da der Schlummer uns befällt.
Wie erstorben sind die Glieder,
wenn der tiefe Schlaf sie hält.
Todesstille Herrscht im Tal,
sanft schlägt nur die Nachtigall,
und um Mitternacht ruht müde
fast die halbe Welt im Friede.
5) Aber deine treue Liebe,
Gott, schützt auch in finstrer Nacht.
Ja, aus väterlichem Triebe
hast du mich bisher bewacht.
Hör auch nun mein heißes Flehn.
Da der Tag muss untergehn,
wollst du deinen Vatersegen,
sanfte Ruhe auf mich legen!
6) Segne, Gütigster, die Meinen,
wache gnädig über sie,
die ich liebe, sind die Deinen.
Gott, mein Gott, verlass sie nie!
Betet traurig jetzt ihr Geist:
tröste sie, der Vater heißt,
und der allerschwerste Kummer
flieh vor ihrem sanften Schlummer.
7) Froh weck uns die Morgenröte,
wenn der Schlaf uns hat erquickt.
Und erhör mich, wenn ich bete,
weil die Schöpfung mich entzückt.
Alles preist und lobt dich dann,
und mit Dank ruf ich dich an:
'Du hast Tag und Nacht in Händen,
und wirst Unglück von mir wenden!'