1) Du trägst mit Langmut und Geduld,
o Gott, uns Menschenkinder
und schonest bei gehäufter Schuld
auch selbst der größten Sünder.
Sie nahen dem Verderben sich.
Du siehst es und es jammert dich
des Elends dieser Armen,
dass sie demselben noch entfliehn,
suchst du ihr Herz zu dir zu ziehn
aus innigem Erbarmen.
2) Du gönnest ihnen Zeit und Raum,
damit sie in sich gehen.
Auch selbst den unfruchtbaren Baum
lässt du noch länger stehen.
Du wartest sein, - umsonst - und doch
pflegst du des Baumes immer noch,
verziehst, ihn abzuhauen.
O, welche Langmut und Geduld!
Wer fasst die Größe deiner Huld?
Wer kann sie ganz durchschauen?
3) Erbarmest du dich schon so sehr,
o Vater, selbst der Sünder:
so trägst du schonend noch vielmehr
die Frommen, deine Kinder.
Lässt ihrer Tugend Eifer nach
und werden sie im Kampfe schwach
und träg' in guten Werken:
so jammert's dich, du denkst daran,
wie leicht ihr Herz sie täuschen kann,
und eilest, sie zu stärken.
4) Du warnst sie gütig vor Gefahr,
noch eh' sie irre gehen
und reichst Gefall'nen Stärke dar,
bald wieder aufzustehen.
Du lockest sie mit Lieb' und Huld,
verheißest ihnen, ihre Schuld
durch Christum zu vergeben.
Und stehn sie auf, wie feuert dann
dein Trost, Gott, ihren Eifer an,
vorsichtiger zu wandeln!
5) Wenn sie oft zaudernd und mit Angst
den Weg des Glaubens wallen.
Nicht freudig, nicht wie du verlangst,
mit vollem Wohlgefallen.
Wenn sie nur schwer und mühsam sich
entschließen können, Herr für dich
und ihre Pflicht zu leiden,
wie nachsichtsvoll gewöhnst du sie
zum Tugendkampf und dessen Müh',
wie lohnest du sie mit Freuden!
6) O Langmut, der nichts gleichen kann!
Gedenk, o Herr, der Sünder!
Nimm mit Geduld dich ihrer an,
als deiner schwachen Kinder!
Ach, keiner häufe Schuld auf Schuld
durch kühnen Missbrauch deiner Huld!
Hilf uns das Böse hassen,
dass alle sich, von dir erneut,
durch deine Huld und Gütigkeit
zum Himmel leiten lassen!