Du meiner Augen Licht    

1) Du meiner Augen Licht,
schwing dich hinauf nach jenen Salems-Pforten,
denn wo kommts her, dass es dir aller Orten
an Mut, an Kraft und Freudigkeit gebricht?
ist's nicht daher, dass du nicht Gott vertrauest
und in dem Jammertal
allein auf deine Qual
und nicht auf jenes teure Kleinod schauest?

2) Drum auf, ermuntre dich:
die Wunden, die dir diese Dornen geben,
die währen nur durch dieses kurze Leben,
denn dort versucht die Schlange keinen Stich.
Und du willst drob in Jesu Dienst ermatten?
Wird nicht die Ewigkeit
die, die in dieser Zeit
geschwitzt, mit Freud' und Wonne überschatten?

3) Sieh! Das erwürgte Lamm,
wie Herrlich geht es dort auf Zions Auen,
und wie frohlockt in solchem frohen Schauen
die Schar, die hier zu dessen Hürden kam!
Wie hörst du, als mit Donnerstimmen singen
das auserwählte Heer
an jenem gläsern Meer
und Mosis Lied auf Gottesharfen klingen!

4) Wird nicht auch dieser Mund,
der kümmerlich hier pflegt von Gott zu lallen,
in Eden wie ein Donnerschlag erschallen,
wenn er in dieser Schar zu aller Stund
das Lob des Allerhöchsten wird erzählen.
Ein schönes weißes Kleid
ist dir ja schon bereit.
Es wird an keiner Freud' und Zierde fehlen.

5) Doch eins behalte wohl!
Sein Leben muss hier einer erstlich hassen,
und, was ihn in dem Kampf verhindert, lassen,
wenn er zu dem Triumph gelangen soll.
Der alte Sündenmensch muss erst verderben,
und, wie vorhin das Lamm
am bittern Kreuzesstamm
mit seinen faulen Gliedern ganz ersterben.

6) Denn muss der Lebensgeist
auf's neu von oben wieder dich beleben,
und dir zum frommen Wandel Kräfte geben,
der dein empfangnes Leben andern weist.
Dies' Leben wird hier in dir angefangen,
doch wenn du diese Zeit
es mit Beständigkeit
behältst, so wirst du ewig darin prangen.

7) Willst du nun dieses tun?
Willst du dein Fleisch und allen guten Tagen
mit rechtem Ernst bis in den Tod entsagen,
und nur in deines Jesu Folge ruhn?
Sonst wird dir auch die Ehre nicht entstehen,
nebst deinem Siegesheld
in jener Freudenwelt
mit Heil gekrönt in den Triumph zu gehen.

8) Ja, ja, von Herzen gern
will ich mein Kreuz auf diese Schultern nehmen
und in das sanfte Joch den Hals bequemen,
zu folgen meinem hellen Morgenstern.
Wohlan! Ihr Lüste müsst das Leben lassen!
Du harter Hoffarts-Sinn,
du Liebe zum Gewinn,
weicht von des Herzens Haus, geht eure Straßen.

9) Mein Jesu, stärke mich,
den Sündenwüst von mir hinaus zu fegen
und, was dir in den Weg will Hindrung legen,
dasselb zerschell, zerhaue und zerbrich.
Lass deine Liebe stets mein Herze küssen,
und was dein holder Rat
uns aufgehoben hat,
durch lebensvolle Hoffnung mir versüßen.

10) Du werte Zionsstadt,
wann werd ich einmal deinen König grüßen
und deiner edlen Bäume Frucht genießen,
die Kraft zum Leben und Gesundheit hat?
Das Herze hüpft, das Blut in Adern wallet,
der Geist spricht mit Begier:
ach, wär ich nur in dir!
Die Zunge jetzo mehr von Sehnen lallet.

11) Doch, Seele, warte nur:
die Freude kommt doch endlich nach dem Sorgen,
und nach der schwarzen Nacht der helle Morgen.
Hier zeigt dir die Geduld die rechte Spur.
Indessen wache stets, und sei beflissen,
dass deiner Lampen Licht
kein Öle je gebricht,
der Bräutgam wird die beste Zeit schon wissen.

12) Kommt, Zionstöchter, her,
dem Bräutgam wollen wir entgegen gehen.
Lasst uns vereint auf unsrer Warte stehen,
dass durch Betrug die Sünd' uns nicht verkehr.
Hebt eure Häupter auf! Die Gnadesonne
tritt samt der Braut herfür,
sie öffnet schon die Tür,
geht ein zur frohen Lammes-Hochzeit Wonne.

13) Gebt aber alle Pracht
dem großen Gott, der alles ist in allen,
lasst seinen Ruhm in aller Mund erschallen,
weil er in allem alles wohl gemacht.
Stimmt an ein Lob, in Saiten, seinem Namen,
wir sind sein Eigentum,
er unsre Saronsblum',
ihm sei mit aller Macht gesungen. Amen.

Text:
Melodie: Unbekannt