Du Herrschest hier, o Gott    

1) Du Herrschest hier, o Gott,
mit Langmut und Verschonen,
wie unbegreiflich uns!
Bestrafen und Belohnen
mit gleicher Waage, soll
das kommende Gericht.
Mit gleicher Waage: Gott,
vergäßen wir's doch nicht!

2) Lass diese Wahrheit nie
aus meiner Seele kommen.
Den Sünder straft der Herr,
der Herr belohnt die Frommen,
wenn sein Gerichtstag nun
ein Fest für seinen Freund,
für seinen Hasser, ach,
ein Tag des Zorns, erscheint.

3) Noch trägst du, Gott der Welt,
noch brausen Luft und Meere.
Noch glänzen Sonn' und Mond,
noch deiner Sternen Heere.
Doch Erd' und Himmel sind,
o Gott in deiner Hand.
Veralten werden sie,
vergehn wie ein Gewand.

4) Das Laster herrschet noch,
noch lästern kühne Spötter
das Evangelium,
noch schmähen sie den Retter.
Viel sichre Sünder, Gott,
verschwenden ihre Zeit,
gleichgültig, ach, für dich
und ihre Seligkeit.

5) Noch seufzet oft der Christ,
verlassen und im Staube,
hat keinen Trost, als den:
'Ich weiß, an wen ich glaube,
ich halte fest an Gott,
ich werd' einst auferstehn,
und Gott von Angesicht
zu Angesichte sehn.'

6) Sein Glanz wird aufgehn, Gott,
und heller als die Sonne
im hohen Mittag, strahlt
der fromm, in deiner Wonne.
Wen aber dein Gericht
in seiner Schuld ergreift,
ach, wie viel Jammer hat
nicht der auf sich gehäuft.

7) Hör ich zur Linken nicht
die, welche sich verstockten,
als deine Bitten sie
zu dir, vom Laster, lockten:
'O weh, uns Toren, ach,
wir sehn den Richter dräun,
stürzt ein, stürzt über uns,
ihr Berg und Hügel, ein!'

8) 'Ihr' (spricht der Richter) 'habt
gespottet meines Lehre,
die Meinigen verfolgt,
geschändet Gottes Ehre.
Ihr wart so stolz und hart,
Verächter jeder Pflicht,
Verworfne, weicht von mir!
Entweicht, ich kenn euch nicht!'

9) Frohlockend aber stehn
aus aller Welt Geschlechten,
mit Ehre angetan,
die Frommen ihm zur Rechten.
Holdselig schallt's: "Empfangt
was, meine Brüder, euch
von mir bereitet ist!
Erbt eures Vaters Reich!"

10) O Gott und du, o Sohn,
du Richter unsrer Erde,
vor dessen Richterstuhl
auch ich erscheinen werde.
Dir will ich dienen, Gott,
und deine Wege gehn,
nur lass mich im Gericht
zu deiner Rechten stehn.

11) Und du, Weltrichter, Sohn!
Wenn ich vom Tod erwache,
am Tage des Gerichts,
am Tage deiner Rache,
gedenke dann, dass du
für deine Feinde batst
und vor dem Vater mich
am Kreuze schon vertratst.

12) Du hast, o Jesu, mich,
für mich ein Mensch geboren,
zum Erben deines Reichs,
zum Eigentum erkoren.
Lass nicht dein Blut für mich
umsonst vergossen sein,
lass ewig mich bei dir,
mich meines Glaubens freun!

Text:
Melodie: O Gott, du frommer Gott