1) Du bist der Garten, den ich mir erbaut,
der Königsgarten, mit verschlossnem Segen!
Wie's blüht und duftet hinter den Gehegen,
kein fremdes Auge hat es je geschaut.
Von außen ohne Schein.
Doch drinnen Duft und Blütenfülle –
und in der heil'gen Stille,
ergeht mein Fuß sich nur allein.
2) Du bist der Born im dürren, wüsten Land!
Der Born, des Wasser unversiegend quillet,
das, fremdem Blick verschlossen und verhüllet,
nie ward geschöpft von einer fremden Hand.
Wohl sengt der Sonne Glut,
manch' matter Wandrer lechzt am Stabe
und ahnet nicht die Labe,
ahnt nicht, wie nah' die kühle Flut.
3) Du bist versiegelt, bist verschlossen mir,
ich führte Mauern rings um Born und Garten,
um meiner Früchte ungestört zu warten,
um ungesehn mich zu ergehn in dir.
Nicht soll der Feinde Troß
des Bächleins klare Wellen trüben.
Ich selbst bin meiner Lieben,
ich bin ihr selber Mau'r und Schloss!
4) Du blühst und zeitigst Frucht nur mir allein –
die Purpuräpfel am Granatzweig glühen,
die Myrrhe träufelt, Nardendüfte ziehen,
viel tausend Blüten prangen im Verein.
Was nur das Herz erquickt,
durch Frucht und Duft und Farbenschimmer,
das miss' ich nimmer,
mein Gatten ist damit geschmückt.
5) Und dass die Blütenzeit stets neu beginnt,
tränkt immerdar der Quell die Fluren wieder,
ein Born lebend'ger Wasser, der hernieder
vom Libanon, endlos das Tal durchrinnt.
O, Garten meiner Lust,
den ich der Welt verborgen habe,
all deine süße Labe
ist Keinem außer mir bewusst!