Der späte Abend stellt sich ein    

1) Der späte Abend stellt sich ein,
der uns will Ruhe gönnen,
doch, wenn ich soll alleine sein,
werd' ich nicht schlafen können.

2) Es muss sich erst ein treuer Freund
zu meinem Lager finden,
der bei mir auszuhalten meint,
und sich mir will verbinden.

3) Der Freund, der, weil ich leb und bin,
sich meiner angenommen,
der Freund, durch den ich zum Gewinn
der Seligkeit gekommen.

4) Der ist's, der mich so herzlich liebt,
der mir hilft, der mir nützet,
der sich mir ganz zu eigen gibt,
vor Unglück mich beschützet.

5) Mit ihm ja lebt und wacht sich's wohl,
mit ihm lässt sich wohl schlafen,
der kann, wenn ich gleich sterben soll,
im Tode Leben schaffen.

6) Hab ich die treue Freundespflicht
aus Herz und Aug' gesetzet,
so hat mein Freund doch solche nicht
an seinem Teil verletzet.

7) Vielmehr deckt seine Freundschaft zu
worin ich's heut versehen,
und lässet mich zur sanften Ruh'
nun frei von Sünden gehn.

8) Komm, liebster Freund, dir will mein Herz
zum Lager sich verschreiben,
zum Lager, das im Glück und Schmerz
dir stets soll eigen bleiben.

9) Nimm's ein, mein Freund, und ruhe drin.
Dir soll es offen stehen,
bereite es nach deinem Sinn,
wie du es gern magst sehen.

10) Gib, dass ich möge allezeit
dich auch im Schlafe spüren.
Erwache ich, so sei bereit,
mich gleich zu dir zu führen.

11) So wird mein Bett auch dein Bett sein,
ach, lass mich nicht allein.
Ich schlaf mit der Versich'rung ein:
mein Freund ist mein, ich seine.