1) Der milde Schein der Sonn' umfließt die Erde
und spendet Segen ihr aus lichter Fülle,
dass sie ein freundlich blühender Garten werde,
o, eines Gottgedankens schöne Hülle.
2) Das Samenkörnlein in der dunklen Scholle,
es drängt und treibt und regt sich ungeduldig,
als wiss' es, was es draußen werden solle,
als sei's dem Licht ein Blütenleben schuldig.
3) Was ihm die Sonne ist, ist deiner Seele
das Licht des Geistes, das die Weltgestaltung
allüberall durchdringt, dass ihr's nicht fehle,
drängt sie, dem Samenkorn gleich, zur Entfaltung.
4) Für dieses sorget das Gesetz der Liebe,
sowie für dich, in dich, wie in die Keime
der Pflänzchen, legt es die allmächt'gen Triebe
des großes Weltgedichts harmon'sche Reime.
5) Du aber darfst mit freudigem Bewusstsein
es mit- und wiederdichten und erkennest:
des Weltalls Grundton muss in deiner Brust sein -
der Ton ist's, den du dein Gewissen nennst.
6) Nenn's dein Gewisses auch, denn all dein Wissen,
eh' es von ihm geprüft und recht befunden,
ist ungewiss, ein Band, das, noch zerrissen,
kein Band ist, bis es das Gesetz verbunden.
7) Mit festen Zügen steht's in deinem Wesen
und das Gesetz allein, das all-lebend'ge,
sollst du auf deiner Freiheit Tafeln lesen,
mit ihm in dir versöhnend das Notwend'ge.
8) So wirst du wahrhaft frei sein in den Schranken,
die schirmend hat die Lieb' um dich geschlossen,
denn nahe fühlst du dich dem Urgedanken,
dem ew'gen Quell, aus dem das All geflossen.