Das, was christlich ist, zu üben    

1) Das, was christlich ist, zu üben,
nimmst du, Menschenkind, zu leicht.
Ist dir nichts zurückgeblieben?
Hast du denn das Ziel erreicht?
Traue nicht dem falschen Schein,
willst du nicht betrogen sein.
Hast du alles wohlerwogen,
dich auf Gottes Wort bezogen?

2) Ehrbar sein, die Laster fliehen,
davor auch ein Heid' erschrickt,
um den Nächsten sich bemühen,
wenn daraus ein Nutzen blickt.
Freundlich tun, den Zöllnern gleich,
sein an guten Worten reich,
hat noch keine rechten Proben,
es als Heiligkeit zu loben.

3) Wenn man ohne Tadel lebet,
und das Aug' nichts schelten kann,
wenn der Sinn nach Tugend strebet,
feindet grobe Laster an.
Lobt die Frommen, rühmt was gut,
hat im Leid gelinden Mut.
Sollte zu der Zahl der Frommen
nicht mit Recht ein solcher kommen?

4) Gottesdienst, Gebet und Feier,
ein mild gewohnte Hand,
Fleiß im Amt und reiche Steuer,
Redlichkeit, der Treue Pfand,
recht und Strafe mit Gebühr
dem Verbrecher schreiben für.
Und was Gutes mehr zu preisen,
kann kein Christentum beweisen?

5) Nein, es ist ein göttlich Wesen,
eine geisterfüllte Kraft,
von der Welt sein auserlesen,
tragen Christi Jüngerschaft.
Ohne Schatten, Schaum und Spreu
zeigen, dass man himmlisch sei.
Der aus Gott ist neu geboren,
ist in diese Zunft erkoren.

6) Seele, willst du recht erlangen
was dich Christo ähnlich macht,
und nicht an dem Äußern hangen:
meid der Worte Schein und Pracht.
Auf das Innre wend dein Aug',
prüfe, ob es etwas taugt?
Durch Verleugnung musst du gehen,
willst du Gottes Reichtum sehen.

7) Wissen Gottes Sinn und Willen
folgen seinem Rat und Zucht.
Seinen Durst an Jesu stillen,
zeigen schöne Liebesfrucht,
die der Glaub' umsonst gebiert,
ist, was unsern Zweck berührt.
Buß tun, glauben, heilig leben,
ist wonach die Christen streben.

8) Glauben ist ein großes Wunder,
weil er Jesum an sich zieht,
ist des neuen Lebens Zunder,
eine Burg, dahin man flieht.
Wenn der grimme Moses-Stab
wirft der Hoffnung Grund herab.
Da muss Christi Blut gedeihen
und für uns um Hilfe schreien.

9) Ist der Glaube angezündet,
riecht er wohl als eine Blum',
der mit Gott sich eng verbindet,
sucht nicht Ruhm und Eigentum.
Brennt vor Liebe, niedrig, treu.
Trägt vor kleinster Sünde Scheu.
Steht vor Gott ganz aufgedecket,
da ein Heuchler sich verstecket.

10) Findest du nun, lieber Christe!
Einen leeren Bilderkram,
ein verblendtes Schaugerüste,
drauf kein wahres Wesen kam.
Du bist eitel, taub und blind,
leicht zum Bösen, wie der Wind,
ohne Saft und Geistestreiben?
Muss dein Selbstlob unterbleiben.

11) Ach, Herr Jesu, lass uns wissen,
wie man dir gefallen soll.
Mach uns Guts zu tun geflissen
und der wahren Frommheit voll.
Dein heilwerter Rat und Zug
uns entdecke den Betrug,
da viel tausend sich betören,
meinen, dass sie dein gehören.

12) Gieß den Geist in unsre Seelen,
durch das Wort, das feurig ist,
uns vom Irrtum loszuzählen
der vom Fleisch verborgnen List.
Prüf und siehe, wie es steh,
dass kein Schäflein untergeh.
Lass das Urteil einst erschallen,
dass wir dir recht wohl gefallen.

Text:
Melodie: Werde munter, mein Gemüte