1) Christ, hoffe nicht, dass fromme Tugend
dir stets auch Erdenglück verschafft!
Wie Mancher fand seit früher Jugend,
an ihrer Seele Licht und Kraft,
und dennoch sah sein trüber Blick
fast rings um sich nur Missgeschick.
2) Nur edler Sinn und Herzensgüte,
nur das, was innern Wert verleiht,
nicht Sinnenlust, nicht Macht und Schimmer
beruht auf dieser Tätigkeit.
Des Menschen Wunsch, der Gottheit Rat
geht jedes seinen eig'nen Pfad.
3) Drum mach' dir nie zum höchsten Zwecke
den Vorteil, den die Tugend bringt.
Sei fromm, sei fromm, wenn auch nicht immer
die Tat zum Glücke dir gelingt.
Frag nie: 'Was bringt die Pflicht mir ein?'
sie selbst, o Mensch, muss Lohn dir sein!
4) Übst du nur redlich deine Pflichten,
so zage in der Prüfung nie.
Dein Gott ist Zeuge deiner Tugend,
und Er, dein Gott, belohnet sie.
Ein Herz, von jedem Laster rein,
kann nicht auf immer elend sein.
5) Im Himmel wohnet nicht nur Tugend.
Dort thront auch reine Seligkeit.
Auf Erden herrschet Kampf und Wechsel,
doch jenseits Herrscht Vollkommenheit.
Drum stärke dich zum schweren Lauf
durch einen Blick nach dort hinauf.