1) Betrug und Falschheit, Tück und List,
ein schlangengleiches Wesen
hat sich die Welt, die treulos ist,
zur Zierde auserlesen.
Die Unschuld wird damit befleckt,
die Wahrheit aber liegt versteckt
und ist von ihr verbannet.
2) O, du verfluchte Judas-Art,
die glatte Worte liebet
und sich mit Krokodilen paart,
und heimlich Stiche gibet,
ziehst du den Schafspelz darum an,
auf dass man unsre Wohlfahrt kann
zu Grund und Boden stürzen.
3) Die Redlichkeit wird fast nicht mehr
zu dieser Zeit gefunden,
man suche sie auch noch so sehr,
sie ist schon längst verschwunden.
Ein Jonathan wird ausgelacht,
denn jeder sinnet Tag und Nacht,
den andern zu betrügen.
4) Wie es zu Zeiten Christi war
bei bösen Otterzungen,
so ist es auch noch immerdar,
das Gift ist durchgedrungen.
Man trifft ihn allenthalben an
und wer sich nicht g'nug hüten kann,
wird davon angegriffen.
5) Der Mensch, der noch so ehrlich scheint,
hat oft die Tück' im Herzen,
das Auge, das da tränt und weint,
entdeckt den Heuchelschmerzen.
Der Mund, aus dem erst Honig quillt,
ist auch daneben angefüllt,
mit mattergleichem Geifer.
6) Es ist bei dieser Lebenszeit
die Klugheit höchst vonnöten,
man kann uns leicht durch Schwert und Streit,
auch mit der Zunge töten,
ein jeder halte Maß und Ziel,
und rede wenig, nicht zu viel,
so kann ihm kein Feind schaden.
7) So wie bei mir der Mund es spricht,
so soll die Seele denken,
ich will die rechte Christen-Pflicht
nicht in den Grund versenken.
Mein Herze soll aufrichtig sein,
es soll auch allen falschen Schein
zu aller Zeit vermeiden.