Beglücktes Volk, dem ein erwünschtes Licht    

1) Beglücktes Volk, dem ein erwünschtes Licht
in tiefster Nacht vom Himmel aufgegangen,
entsinne dich, was heute deine Pflicht,
da sich dein Heil zu nähern angefangen!
Dies ist (ach, jauchze doch!), dies ist der frohe Tag,
der dir wohl immerdar denkwürdig heißen mag.

2) Dies ist die Zeit, da Gott den ersten Stein
zu deinem Heil mit eigner Hand geleget:
da seine Kraft, durch eines Sternes Schein
der Weisen Herz in Morgenland beweget,
und sie durch diesen Wink aus ihrer finstern Nacht
zu seinem Sohn, dem Licht der Welt, gebracht.

3) Ach, wertes Volk, wenn du zurück gedenkst
an die in Sünd' und Fluch verflossnen Stunden
und dein Gemüt auf jene Zeiten lenkst,
eh' dich der Herr, und eh' du ihn gefunden:
so müssen dir gewiss die Augen übergehn.
Wer kann dein vorig' Bild wohl ohne Tränen sehn?

4) Israels Gott war dir ganz unbekannt,
du warest weit von seinem Bund entfernet.
Der Lüste Knecht, vom Guten abgewandt.
Ein Volk, das eitel Böses tun gelernet.
Ein blind und töricht' Volk, verfinstert von Natur,
verfehlte die Vernunft auch selbst der rechten Spur.

5) Du kehrerest (o Torheit!) dein Gesicht
den Götzen zu, die deine Hand geschnitzet.
Den Rücken dem, der selber Sonn' und Licht,
der auf dem Kreis erhabner Sterne sitzet,
der dich aus nichts gemacht, der das in Staub verkehrt,
was dein verführtes Herz mit blinden Eifer ehrt.

6) So gingest du in Schand und Laster hin,
und ließest dich von deinen Lüsten führen,
so liefest du in dem verkehrten Sinn.
Und konnte ja dich dein Gewissen rühren:
so wie's dir nichts den Ausgang aus der Not,
die selbst schon die Natur dem frechen Sünder droht.

7) Beliebte Zeit, die dieses Trauerspiel -
erwünschter Tag, der diese Nacht geendet!
Da der Betrug der Stummen Bilder fiel,
da dir der Herr aus Zion Heil gesendet.
Da er sein liebreich Herz dir in dem Sohn entdeckt
und seiner Wahrheit Licht dir gnädig aufgesteckt.

8) Allein wie ist dein Gottesdienst bewandt?
Wie steht's um's Herz, das solchen Dienst verrichtet?
Wie? Oder ist's dem Herzen unbekannt,
wozu sich nur der falsche Mund verpflichtet?
Was nützet das 'Herr, Herr', das auf der Zunge schwebt,
wenn das verführte Herz an Nebengöttern klebt?

9) Das Äußre zeigt, was in der Seele steckt,
die böse Frucht verrät des Baumes Wesen.
Was loser Kalk verstellter Worte deckt,
das lässt sich hell aus Werk und Wandel lesen,
den man in manchem Stück nach Art der Heiden führt,
obschon man sich dabei mit Christi Namen ziert.

10) Verkehrtes Volk, ist das die teure Pflicht,
zu welcher dich des Himmels Huld verbindet?
Gebraucht man so das unschätzbare Licht,
das dir die Hand des Höchsten angezündet?
Stellst du den Wandel nicht nach dessen Regel an:
so wisse, dass der Herr es wieder nehmen kann.

11) Wo ehedem des Höchsten Tempel stund,
wo man vorhin die Weisheit selbst gehöret.
Da wird nunmehr durch der Verführer Mund
des Mahameds Betrug und Traum gelehret.
Geh, frag zu Ephesus, Philippen und Korinth,
wie viel anjetzt daselbst Bekenner Jesu sind?

12) O, werde doch an Andrer Schaden klug
und hüte dich vor einer größern Strafe!
Entreiße dich dem schweren Selbstbetrug!
Steh auf! Steh auf von deinem sichern Schlafe!
Eh' der gereizte Gott sich zu der Rache schickt
und deinen Leuchter gar von seiner Stelle rückt.

13) Erwecke dich, o Herr, in deiner Macht!
Entzünde selbst des Glaubens edle Triebe!
Hab auf dein Volk, das du berufen, Acht
und leg ihm an den Schmuck der ersten Liebe!
Ja, bring in kurzer Zeit der Heiden Füll' herbei,
damit dein hoher Ruhm dadurch vermehret sei.

Text:
Melodie: Unbekannt