Ach, edle Zeit, wo fliehst du hin    

1) Ach, edle Zeit, wo fliehst du hin?
Wo bleiben deine Stunden?
An was hat sich mein edler Sinn
bisher so fest gebunden,
dass ich die Zeit zwar hingebracht,
doch niemals auf den Zweck gedacht.

2) Ist eine Krankheit Schuld daran?
Bin ich verstrickt gewesen?
Hab ich die schnöde Faulheits-Bahn
zum Zeitvertreib erlesen?
Wie? Oder eilst du mir zum Tort,
mit Adlers-gleichen Flügeln fort?

3) Ach, ja sie flieht, ich liege still
und ruh in sanftem Schlummer,
und wie ich sie recht nutzen will,
ist mein geringster Kummer,
ich leb und bring in schnöder Ruh'
mein Leben meist mit Wollust zu.

4) Die Sterne von dem Himmelsheer,
die in den Lüften fliegen,
ja selbst das ungeheure Meer
bleibt niemals müßig liegen.
Kein Vogel, Fisch und wildes Tier
stellt mir ein Bild der Faulheit für.

5) Noch lass ich meinen trägen Leib,
um ihn recht aufzumästen,
im höchstverderbten Zeitvertreib
nur faul und sorglos rasten,
die Seele stimmt gezwungen ein
und muss des Leibes Sklave sein.

6) Wie schändlich wird mein Heil versäumt!
Der bleibt im Staube sitzen,
der selten wacht, stets schläft und träumt,
die Tugend wird in Pfützen
der trägen Faulheit selbst erstickt,
viel tausend Laster ausgeheckt.

7) So bleibe denn der Müßiggang,
den so viel Menschen lieben,
des Teufels Schlaf- und Ruhebank,
mich soll er nicht betrüben,
ich will die Trägheit von mir spein,
die Arbeit soll mein Labsal sein!

8) Ach Gott, erwecke meinen Geist,
dass ich die Bosheit hasse,
die mir den Weg zur Hölle weist,
und wohl zu Herzen fasse,
was dort mein Heiland selber spricht:
ihr lieben Jünger, schlafet nicht!

9) So soll mir denn mein Arbeits-Schweiß
auf der verfluchten Erde,
die nur von Dorn und Disteln weiß,
noch ganz erträglich werden,
und werd' ich einst vom Grab aufstehn,
dann will ich erst zur Ruhe gehn.

Gegen die Zeitvergeudung.

Tort = zur Qual

Text:
Melodie: Machs mit mir, Gott, nach deiner Güt