1) Abgrund wesentlicher Liebe,
du erbarmend höchstes Gut!
Das, aus unerforschtem Triebe,
uns so gerne Gutes tut!
Unergründlich Meer der Gnaden,
sonne wahrer Freundlichkeit!
Quell des Trostes in dem Leid,
Arzt für unsern Seelenschaden!
Meine Seele flehet dich:
o du Liebe, liebe mich!
2) Huldreich Wesen! Lass dir danken,
aus des armen Herzensgrund!
Deine Huld ist ohne Schranken,
unaussprechlich für den Mund;
wunderherzlich für die Sünder,
für uns Kleine allzu groß,
in der Größe grenzenlos,
väterlich für alle Kinder.
Meine Seele flehet dich:
große Liebe, liebe mich!
3) Diese Liebe will ich loben,
die du, Gott, an mir getan.
Denn da treff ich tausend Proben,
Millionen Wunder an.
Deine Liebe schließt mich immer
wie in ihrem Herzen ein.
Allezeit gedenkt sie mein
und vergisset meiner nimmer.
Meine Seele flehet dich:
Gott der Liebe, liebe mich!
4) Du hörst mein Gebet und Sehnen,
was mir not, besorgest du.
Zählst und sammelst meine Tränen,
hörest meinem Seufzen zu;
weißt und schaffest mein Betrüben,
schickst und linderst meinen Schmerz,
prüfst, erfährest, kennst mein Herz,
meinen Glauben und mein Lieben:
meine Seele flehet dich:
süße Liebe, liebe mich!
5) Sünden willst du mir vergeben,
Gnade, Hilfe, Trost und Licht,
ja, sogar ein ewig' Leben
ist es, was dein Wort verspricht.
Schenkst uns deinen Sohn der Liebe
auch zum Bürgen meiner Schuld;
der Mensch ward, und deine Huld
mir mit Blute unterschriebe.
Meine Seele flehet dich:
Wunderliebe, liebe mich!
6) Diese Liebe soll mich lehren,
dass ich sei dein Eigentum.
Diese Liebe soll ich hören
durch sein Evangelium.
Sein Exempel sollt auf Erden
mir zur Liebesregel sein.
Ja, auch in des Kreuzes Pein
mir zum steten Vorbild werden.
Meine Seele flehet dich:
blut'ge Liebe, liebe mich!
7) Diese Liebe hat durch Sterben
meinen Tod zunicht' gemacht,
mir das Leben vom Verderben
durch sein Aufstehn wiederbracht.
Ja, mir steht der Himmel offen
durch desselben Himmelfahrt!
Denn ein Glauben rechter Art
darf ein himmlisch' Erbteil hoffen.
Meine Seele flehet dich:
Sohn der Liebe, liebe mich!
8) Du hast mir den Geist gegeben,
dass er mich erleuchten soll.
Dieser heiligt unser Leben,
macht die Herzen Trostes voll.
Lehrt die Toren, stärkt die Müden,
er erquickt, die elend sind,
und versiegelt deinem Kind
seinen Himmelsteil im Frieden.
Meine Seele flehet dich:
Geist der Liebe, liebe mich!
9) Nicht nur gibst du mir ein Leben,
was man eine Wohltun heißt.
Du hast dich mir selbst gegeben,
dich mit deinem Sohn und Geist!
Herr, wer kann genugsam danken?
Deiner Liebe großes Licht
gleichen Erd' und Himmel nicht,
denn sie haben Ziel und Schranken!
Meine Seele flehet dich:
liebste Liebe, liebe mich!
10) Wir, wird sind dir unvergesslich,
denn dein Lieben hört nicht auf.
Ja, dein lieben ist unmesslich,
länger als der Sonnen Lauf,
breiter als der Erden Reiche,
höher als gestirnte Luft,
tiefer als des Abgrunds Gruft.
Nichts ist, das ihr irgend gleiche.
Meine Seele flehet dich:
ew'ge Liebe, liebe mich!
11) Wie der Himmel ob der Erden
Herrlich, groß und lieblich ist,
so lässt du die Gnade werden,
wo du recht gefürchtet bist.
Wie der Abend von dem Morgen,
also ist auch von dem Herrn
unsre Übertretung fern,
wenn wir für die Seele sorgen.
Meine Seele flehet dich:
höchste Liebe, liebe mich!
12) Wie die Väter sich erbarmen,
wenn sie Kinder weinen sehn,
also lässt du für uns Armen
dein Erbarmen offen stehn.
Gib mir doch ein solches Herze,
das in deiner Liebe steht,
schläft und wachet, liegt und geht,
wie in Freuden, so im Schmerze.
Meine Seele flehet dich:
treue Liebe, liebe mich!
13) Schließ mein Leben und mein Sterben
nur in deine Liebe ein.
Lass mich, deinen lieben Erben
auferstehn und selig sein.
Denn dein Lieben ist das Leben
und die ewig süße Ruh',
ewig kann man nichts dazu
außer deiner Liebe geben.
Meine Seele flehet dich:
sel'ge Liebe, liebe mich!