Abend wird’s und düstres Grausen    

1) Abend wird’s und düstres Grausen
steigt herab im Nachtgewand.
Wild empörte Wogen brausen,
peitschen den zerrissnen Sand.

2) Dürre Stoppeln überwehen
herbstlich die enthalmte Flur.
Was wir blühend einst gesehen,
trägt nun der Vernichtung Spur.

3) Wie das dürre Laub der Bäume
ringsumher der Herbst zerstreut:
so entfliehn die goldnen Träume
hingeschwundner Jugendzeit.

4) Bis in blumenloser Steppe
unsre Laufbahn sich verliert,
zu des Grabes düstrer Treppe
schleichend und das Alter führt.

5) Mut gefasst, betrübter Waller!
eile deinem Grabe zu.
Und ein Blick vom Vater aller
strahl' in deine Seele Ruh!

6) Ob auch du gehilflos irrest,
freundlos Dornenwege gingst,
nie das Labyrinth entwirrest,
dem du sterbend dich entringst.

7) Denn vergeblicher Bemühung
war dein Dasein nicht geweiht.
Erdenleben ist Erziehung
für die bess're Ewigkeit.

8) Jenseits wirst du mit Entzücken
Gottes Plane ganz verstehn
und mit aufschlussdurst'gen Blicken
unverhüllte Wahrheit sehn.

Waller = Wanderer

Text:
Melodie: Unbekannt