Zwei Hunde auf einem Schiff

Helmut Thielecke schreibt: Auf meiner Reise nach Amerika und zurück hatten wir beide Male einen Hund auf unserem Schiff. Und auf der langen Überfahrt habe ich beide gründlich beobachtet und über sie nachgedacht. Auf der Hinfahrt war es ein großer Schäferhund, den sein Herrchen der Schiffsbesatzung mitgegeben hatte, während er selbst das Flugzeug benutzte. Das Tier war vom Jammer der Kreatur geschüttelt. Ich habe es oft gestreichelt und ihm gut zugeredet, aber es half nichts. Es lebte in einer fremden Welt und wusste nicht, wie sein Abenteuer ausging und ob es mit der vertrauten Hundewelt nicht endgültig aus war. Hier gab es keine Bäume, und wie schrecklich ist allein das schon für einen Hund! Alles roch fremd und unheimlich, und überall war die Welt an einem Geländer zu Ende. Draußen aber war das Feindliche. Da war für einen Hund das schlechthinnige Nichts. Er ahnte auch nicht, ob dieses Fremde je einmal aufhören würde und ob es noch einmal irgendwo Bäume und andere Hunde oder gar den vertrauten Geruch seines Herrchens geben würde. Man konnte ihm ja auch gar nicht klarmachen, dass diese fremde Schiffswelt unter dem Gesetz der Navigation stand und dass dieses blau gekleidete, zweibeinige Wesen, das ihm manchmal zusprach und vier goldene Armstreifen hatte, den Kurs kannte und den Termin wusste, an dem das alles zu Ende sein würde. Der arme Hund war zu einer kreatürlichen Form des Nihilismus verurteilt. Er trieb im Leeren und in einer scheinbar endlosen Qual.

Auch auf der Rückfahrt hatten wir einen Hund, und obwohl er nur ein Schoßhund war und eine "halbe Portion", obwohl er ein bisschen degeneriert war und seine verkümmerten Beinchen zitterten, so war er doch unvergleichlich getrösteter. Denn er hatte sein Frauchen bei sich. Auch er vermisste die Bäume und wusste nicht, was mit dieser fremden Welt los war. Aber wenn sein kleines Hundeherz allzu bänglich bibberte, dann sah er mit einem rührenden Blick, ich möchte sagen mit einem kreatürlichen Vertrauen, sein Frauchen an, als wenn er sagen wollte: "Wo du bist, kann es ja nicht ganz so schlimm und ausweglos sein. Denn du bist doch ein höheres Wesen. Du hättest dich doch nicht in diese abstruse Welt, an der meine ganze Hundeweltanschauung zerbricht, hineinbegeben, wenn es nicht eines Tages damit zu Ende wäre und wir wieder in einer vernünftigen Welt mit Gerüchen, wie sie sich gehören, landen würden."
Nicht nur aus dem Munde der Säuglinge, auch aus dem Blick von Hunden kann Gott sich ein Lob zurichten.

Auch wir wissen nicht, welche Gesetze der Navigation dazu führen, dass ich dies und das erleben und erleiden muss. Aber ich kenne den, der auf der Brücke steht; ich kenne den, der im Hafen auf mich wartet. Die Bilder zerbrechen mir sozusagen unter der Hand, und ich muss paradoxe Überblendungen vornehmen, wenn ich sagen will, was Jesus Christus alles für mich ist: der Steuermann auf dem Schiff und zugleich der Mann, dem Wind und Wellen gehorsam sind; die Gestalt, die über die Wogen gehen kann und "ihrer lachet", und zugleich der Getreue, der die Lichter der Feuerschiffe entzündet und der mich im Hafen erwartet. Ja, wir Christen sind Abenteurer von höherer Ordnung. Alles ist ungewiss; nur dieser Eine, der bei uns ist und auf den wir zusteuern, ist gewiss. Ein Blick von ihm weg - und unser Schiff wird ein unheimliches Fremdes, das im Leeren irrt. Ein Blick auf ihn zu - dann wird das Fremde vertraut. Ich verstehe die Navigation zwar nicht, aber ich kenne den Navigator.

Quelle: Mach ein Fenster dran, Heinz Schäfer, Beispiel 785
© Alle Rechte vorbehalten