Zeugnis der Mutter Mankus

Pastor Wilhelm Busch erzählt: Den ganzen Nachmittag hatte ich Besuche in den Häusern gemacht, aber einen hatte ich mir bis zuletzt aufgehoben. Denn darauf freute ich mich. Der heranwachsende Sohn war mir ein tüchtiger Mitarbeiter, und die Eltern waren Leute, die den Herrn Jesus von Herzen lieb hatten. Ein angeregtes Gespräch war sofort im Gang. Es ging so zu, wie bei jenem schwäbischen Kaufmann, den ich einmal in den Zeiten des Nazireiches besuchte. Als da das Gespräch in die übliche politische Schimpferei ausarten wollte, sagte er einfach: "Wir wollen zum Wesentlichen kommen." Und dann sprach man von göttlichen Dingen.
So war's hier auch. Dabei fragte ich: "Sagen Sie mir doch, Herr Lovis, wie sind Sie eigentlich auf diesen Weg der Nachfolge Jesu gekommen?"
Eine Weile schwieg er nachdenklich. Dann wurde eine Gegenfrage gestellt: "Haben Sie die Frau Mankus noch gekannt?"
Seltsam! Immer wieder stieß ich auf diese Frau! Es laufen im Ruhrgebiet viele Leute herum, die durch sie zum Herrn Jesus geführt worden sind. Sie war der Ewigkeit nahe, als ich sie kennen lernte. Mein erster Besuch ist mir unvergesslich: Ein trübes Mietshaus in einem Bergarbeiter-Viertel. Ein kleines Stüblein. Eine einfache Frau, Witwe eines Bergmanns, der "vor Kohle" gearbeitet hatte. Aber nach wenigen Minuten hatte ich die armselige Umgebung vergessen. Da sah ich nur noch die "Mutter in Christo".
"Erzählen Sie mal!", bitte ich.
"Nun, ich war damals ein junger Bursche von etwa sechzehn Jahren. Eine Zeit lang war ich im evangelischen Jugendkreis gewesen. Aber dann fand ich einen Freund, der mich für den Sport begeisterte. Wir beide wurden Mitglieder im Sportklub. An einem Sonntagmorgen war ein großes Sportfest. Mein Freund und ich holten uns Preise. Das waren nur einfache künstliche Lorbeerkränze. Aber  -  wir waren stolz, als wir damit nach Hause zogen. Auf dem Heimweg trafen wir Frau Mankus. Weil sie unsere Eltern kannte, grüßte sie uns freundlich: 'Ah! Ihr seid Sieger! Da freut ihr euch!' Und dann sagte sie nachdenklich: 'Wenn man siegen will, muss man richtig laufen.'
'Wir sind auch richtig gelaufen!', erklärte mein Freund.
Mutter Mankus sah uns an und sagte mit Nachdruck: 'Wer auch läuft und läuft zu schlecht, der versäumt sein Kronenrecht...' Dann ging sie.
Mein Freund sah ihr nach und erklärte: 'Die spinnt!'
Aber bei mir, Herr Pfarrer, da hatte es eingeschlagen. Ich kannte das Lied. Mir war mit einem Male klar, dass ich auf dem besten Weg war, 'mein Kronenrecht', das mir der Herr Jesus am Kreuz erworben hatte, zu verlieren. Seitdem ist es bei mir so, wie Ihre Jungen im Jugendkreis singen: Nun gehören unsere Herzen ganz dem Mann von Golgatha..."

 

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 204
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