Womit füllen wir unser Leben? Müll oder Licht?

Eine alte indische Geschichte erzählt von einem reichen Kaufmann, der zur Zeit der alten Könige in Madura lebte. Sein Name war Sanmugam, und er war bekannt als ein weiser und kluger Mann. Er hatte zwei Söhne, nach der Landessitte musste er den einen davon nach seinem Tode zum Familienoberhaupt ernennen. Deshalb schenkte er der Erziehung der Söhne die größte Aufmerksamkeit und Sorgfalt. Endlich kam die Zeit, wo er seine Entscheidung nicht mehr länger aufschieben konnte, denn die Söhne hatten das Mannesalter erreicht, und er selbst war alt und schwach geworden.
So versammelte er eines Tages einige seiner treuesten Freunde um sich im Schatten eines Palmbaumes, der am Rande eines Teiches von Lotosblumen stand, und ließ dann seine beiden Söhne rufen. Als die jungen Männer vor ihm standen, nahm er zehn Silbermünzen heraus und gab jedem der beiden fünf davon. Die jungen Männer warteten, und Sanmugam sah sie und die versammelten Freunde an und sprach: "Meine Söhne, der Tag ist gekommen, da ich einen von euch ernennen muss als Haupt der Familie an meiner statt, denn der Bote des Todes ist vor der Tür. Nehmt diese Münzen. Es sind nur wenige, aber durch dieselben will ich prüfen, ob ihr weise seid; denn derjenige, welcher mit diesen fünf Münzen die große Halle meines Hauses füllt vom Boden bis zur Decke, soll das Haupt meiner Familie sein." Die Freunde sprachen: "Es ist gut."
Die jungen Männer verließen mit einer Verbeugung den Vater und seine Freunde, um zu überlegen, was sie tun wollten, um ihre Weisheit zu zeigen.
Als der ältere Sohn durch die Plantagen seines Vaters ging, kam er auf einen freien Platz, wo eine große Fläche Zuckerrohr niedergehauen war und wo der Saft durch eine Mühle aus dem Rohr gepresst wurde, das dann weggeworfen wurde, da es sonst zu nichts nütze war. Der ältere Sohn sagte: "Das wird wenig kosten und viel Platz brauchen. Ich will damit die große Halle füllen." Er ging zu dem Aufseher der Zuckerpresse und gab ihm den Auftrag, und bald waren die Männer an der Arbeit.
Darauf kehrte er zurück zu dem Teich mit den Lotosblumen und sagte seinem Vater und dessen Freunden, dass er die Halle gefüllt habe mit den fünf Münzen. Sie kamen mit ihm und sahen, wie die Arbeiter die Halle gefüllt hatten mit unnützem Zuckerrohr, so dass nichts mehr hineinging. "Habe ich die Halle nicht gefüllt, mein Vater?", sagte der ältere Sohn, und einige von denen, die dabeistanden, sagten: "Ja, die Halle ist voll. Wozu auf den jüngeren Bruder warten?" Aber einer sagte: "Habt Geduld und lasst uns sehen, was der jüngere Bruder tun wird."
Die Sonne war inzwischen untergegangen, und die Nacht brach rasch herein. Dann kam der jüngere Sohn. Er sagte nichts, sondern bat nur, die Halle wieder auszuräumen. Als sie ganz leer war, trat er hinein, zündete eine Wachskerze an und stellte sie in die Mitte. Sie brannte hell und erleuchtete den ganzen Raum bis in die hinterste Ecke.
"Dieser Sohn ist weiser", sagte der Vater, "denn sein älterer Bruder gab fünf Silberstücke aus, um die Halle mit wertlosem Zeug zu füllen. Der jüngere hat nur eine Kupfermünze ausgegeben und hat die Halle bis zur entferntesten Ecke mit Licht gefüllt. Er soll das Haupt des Hauses sein an meiner Statt."
Handeln wir nicht oft auch so töricht wie der ältere Sohn? Wir wenden all unser Kapital von Lebenskraft, von Zeit und Fähigkeiten daran, um unser Leben mit wertlosen Dingen zu füllen. Wir leben nur für diese Welt, nur für unseren Besitz, unsere Ehre, unser Vergnügen. Und dadurch bringen wir uns um unser Erbe.
Wie viel schöner ist das Leben, wenn man seine Gaben anwendet, um Licht zu verbreiten. Das aber kann man nur, wenn man zu denen gehört, von denen die Bibel sagt, sie seien die Kinder des Lichtes (1.Thessalonicher 5,5).

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 439
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