Woher kommen so viele widersprüchliche Ansichten unter Christen?

1. Nicht jeder, der sich Christ nennt, lebt in der Hingabe an den heiligen Geist, der erforderlich ist, um in alle Wahrheit hinein­geleitet zu werden. Fleischliche Bekenner Christi behandeln die Schrift wie einen Baukasten, aus dem Knaben allerlei Klötze hervorsuchen, um damit nach ihrem Gutdünken etwas zu bauen. Die Bibel ist aber nicht ein Baukasten, sondern ein Gebäude, wo alles in einem festen Zusammenhang steht.

2. Wir erkennen die Wahrheit nur stückweise. Es ist wie bei der Besteigung eines Berges. Die Aussicht ist verschieden je nach dem Standpunkt dessen, der den Berg besteigt. Oben angekommen, werden sie alle dieselbe freie Aussicht nach allen Seiten hin genießen, 1. Kor. 13,12. Darum lässt die Weisheit von oben her sich sagen. Ein Mensch, der von Gott gelehrt wird, ist jederzeit bereit, die Grundlagen seines Glaubens aufs neue zu erforschen.

3. Wir müssen wissen, dass von Anfang an neben dem Wort und Geist der Wahrheit das Wort und der Geist der Lüge in der Welt tätig ist, und dass die Lüge stets auf das Wort Gottes sich berufen hat.

4. Wir dürfen die von Gott dem Menschengeist anerschaffenen Grundgesetze des vernünftigen Denkens bei der Auslegung der Bibel nicht außer Acht lassen. Die fordern, dass a) die Worte der Schrift nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen, sondern im Lichte des Zusammenhanges, in dem sie vorkommen, verstanden und ausgelegt werden, b) Einzelne Aussprüche der Schrift dürfen nicht so gedeutet werden, dass sie anderen klaren und unmissverständlichen Aussagen der Bibel widersprechen. Dunkle und ver­schiedener Auslegung fähige Stellen müssen in dem Lichte solcher Worte angeschaut werden, über deren Bedeutung ein Zweifel nicht wohl obwalten kann.

C. O. Voget, Bunde und Stapelmoor.

Quelle: Neues und Altes
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