Wir sind Jesu Botschafter

Zu den großartigsten Bildern, die das Neue Testament für den Auftrag der Christen in dieser Welt geprägt hat, gehört das Bild vom Botschafter. Es ist durchaus politisch gemeint. Nicht erst in der modernen Diplomatie gibt es Gesandte und Botschafter. Schon das Alte Testament erwähnt sie als Vertreter ihrer Regierungen und Staaten, die selbstständig Verhandlungen führen, offizielle Glückwunsch- und Beileidsbotschaften überbringen oder Verträge abschließen konnten. In der gesamten jüdischen Bündnispolitik spielten sie eine herausragende Rolle.

Einem Botschafter sind Vollmachten für bindende Abmachungen übertragen. Allerdings spricht er dabei nie im eigenen Namen. Seine Autorität erhält er gerade daraus, dass er nicht das spricht, was ihm als "richtig und gut" einfällt, sondern dass er sich in den entscheidenden Grundlinien seines Vorgehens strikt an die Weisungen seiner Regierung hält. Alle Eigenmächtigkeiten würden zu seiner sofortigen Abberufung führen.
Besonders wichtig ist die Tatsache, dass er in dem Land, in das er gesandt wurde, eigentlich kein Privatmann mehr ist. In seinem ganzen Alltag, d. h. auch wenn er gerade keine Botschaften überbringt oder keine Verhandlungen führt, vertritt er seinen Staat und bringt ihm durch sein Verhalten Ehre oder Schande.

Dieser breite Bedeutungsgehalt schwingt mit, wenn Paulus schreibt - und wir spüren, dass es ein beschämter, dankbarer Jubel ist, der ihn so formulieren lässt: "Wir sind Botschafter in Vertretung für Christus. Wir geben Gottes mahnenden Zuspruch weiter. Wir bitten in Vertretung für ihn: Lasst euch mit Gott versöhnen! Christus ist in Vertretung für uns Sünder in den Tod gegangen!" (2. Kor. 5,20)

Tatsächlich kann man die Würde eines wiedergeborenen Christen nicht höher beschreiben als mit diesem Bild. Und Paulus hat darin nichts Neues erfunden, sondern nur das Wort des auferstandenen Christus an seine Jünger aufgegriffen: "So wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!" (Joh. 20,21)
Allerdings ist dieses Wort Jesu noch umfassender als das Botschafterbild. Unser Herr sagt uns nicht einfach: "Ihr seid in meinem Auftrag in die Welt hineingesandt", sondern: "Eure Sendung in die Welt entspricht meiner Sendung in die Welt! Urbild und Maßstab eurer Sendung ist immer meine Sendung!"

(Walter Lohrmann)

Quelle: In Bildern reden, Heinz Schäfer, Beispiel 1406
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