William Tyndale - Lebenslauf
"Ich dachte immer, sagte William Tyndale, dass das Heil nicht für mich bestimmt sei, denn ich hatte Gott nicht lieb. Aber diese kostbaren Worte haben mir gezeigt, dass Gott uns eben nicht deshalb liebt, weil wir ihn zuerst geliebt haben. Nein, nein, wir können ihn lieb haben, weil er uns schon vorher geliebt hat. Darin liegt der ganze Unterschied."
William Tyndale (1480 -1536) lebte zu Luthers Zeiten und wurde wie dieser Bibelübersetzer und Führer der englischen Reformation. An den Universitäten von Oxford und Cambridge erlernte er gründlich die griechische Sprache und in Hamburg bei einem jüdischen Gelehrten Hebräisch. 1502 wurde er Priester und später Kaplan. Seine englische Übersetzung des NT - die Grundlage für die spätere King James Übersetzung wurde in Worms gedrukt. Am 6. Oktober 1536 starb er als Märtyrer auf dem Scheiterhaufen. Seine letzten Worte, die man aus den Flammen heraus hörte, waren: "Herr, öffne dem König von England die Augen!"
Tyndale erkennt seine Aufgabe
Tyndale verdiente sein Geld als Hauslehrer. "Heute Abend müssen wir noch einmal unseren Lieblingsvers lesen", sagte er den beiden Jungen. Sie wissen genau, welchen er meint. Sie wissen auch, wie lieb ihrem Lehrer diese Worte sind, und er hatte ihnen beigebracht, sie auch zu lieben: "Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt." (1. Joh. 4,19) Der vertraute Abschnitt wurde noch einmal gelesen und dann erklärte er den beiden, dass er sie verlassen müsse. Fragen und Proteste. Dann legte er seine Arme um die beiden und erklärte ihnen: "Ich muss gehen. Gott hat mir eine Aufgabe anvertraut. Das Volk lernt lesen, Bücher werden gedruckt, und es ist jetzt Zeit, dass es auch die Bibel in seiner Muttersprache bekommt. Diese Arbeit kann ich hier nicht tun, deshalb muss ich nach London gehen."
Der Bischof in London runzelte die Stirn und zeigte Tyndale die kalte Schulter. Auf sein Drängen hin droht er mit allen Strafen der Kirche. Aber die reformatorischen Schriften vom Festland werden geheim eingeführt, die Leser ins Gefängnis geworfen, einige sogar zum Tode verurteilt. Trotzden hatte Tyndale mit seiner Übersetzung begonnen. Ein alter Chronist schrieb: "Aber wenn der Sonntag nahte, dann ging er in eines der Kaufmannshäuser, wohin auch viele andere Kaufleute kamen, und las ihnen einen Abschnitt aus der Heiligen Schrift vor. Das ging so sanft und und freundlich vonstatten und brachte so viel Frucht, dass es für seine Zuhörer ein himmlischer Trost war, wenn sie ihn aus den Schriften lesen hören konnten. Ganz besonders liebte er die Schriften des Johannes."
Die englische Bibelübersetzung
Zwei Dinge sind Tyndale klar: Das Volk in England hat Hunger nach dem Wort Gottes in seiner Muttersprache und eine Übersetzung der Bibel kann nicht in England gedruckt werden. So machte er sich auf die Reise (1523) zu Luther, um mit ihm die Dinge zu besprechen. Inzwischen wurde das Neue Testament gedruckt und heimlich nach England geschmuggelt. In Stoffballen, in Warenkisten und Tonnen, in Tuchrollen und Mehlsäcken gelangte das NT nach England und wurde überall freudig aufgenommen.
Martyrium und Frucht
Tyndale aber wurde aus der Kirche ausgeschlossen, von Land zu Land gejagt und vertrieben, einmal erlitt er Schiffbruch, wurde betrogen, verhaftet, und gefoltert. Erst 56 Jahre alt, saß er in einem feuchten Gefängnis und wartete auf den Henker, der seine Seele für die Ewigkeit befreien sollte. Vor dem Winter schrieb er an seine Freunde: "Bringt mir doch eine wärmere Kappe, ein Stückchen Tuch, mit dem ich meine Hosen flicken kann, ein wollenes Hemd, und dann vor allen Dingen meine hebräische Bibel!" Er lebte und er starb für die Bibel.
An einem kalten Oktobermorgen 1536 blickte der Edelmann Harry Walsh, einer der beiden Schüler von Tyndale, traurig drein. Auf die Frage seiner Frau nach dem Grund erzählte er ihr, dass es sich gerade im Dorf herumspricht, dass sein ehemaliger Lehrer, William Tyndale, um seines Glaubens willen auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Dann blieben beide vor einem Wandspruch stehn, auf dem zu lesen war: "Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt" - der Lieblingsspruch seines verehrten Lehrers. Seine Bibel aber wurde inzwischen in allen Häusern, in jeder Schenke und in jedem Kaffeehaus Englands gelesen.
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