Wie viel Erde braucht ein Mensch?

Leo Tolstoi erzählt von einem Großknecht, der von seinem gütigen Herrn freigelassen wurde. Er sollte so viel Land zu eigen haben, wie er von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang umlaufen könnte. Beim ersten Sonnenstrahl des nächsten Tages machte sich der Mann auf den Weg. Er ruhte und rastete nicht, aß im Gehen, um nur ja keine Zeit zu verlieren, Stück um Stück kam zu dem künftigen Besitz. Die Sonne neigte sich dem Westen zu; er beflügelte seine Schritte: Diese Wiese, jenes Waldstück, der Acker dort musste noch dazukommen! Bei Sonnenuntergang kam er am Ausgangspunkt an; ein Glücksgefühl durchzog die Brust: "Das alles gehört nun mir!" Und dann sank er, vom Herzschlag getroffen, tot zusammen. Tolstoi schließt die Erzählung: Wie wenig Erde braucht doch der Mensch  -  sechs Fuß tief unter dem Boden!

 

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 172
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