Widerlegt Christi Sterben Gottes Allmacht?
Wir schauen nicht in Gottes geheimnisvolle Pläne. Aber eins ist offenbar: Der allmächtige Gott geht in Jesus Christus den Weg zur Rettung der Welt - über das Sterben am Kreuz auf Golgatha. Ja, Gott kann in ohnmächtiger Liebe sterben. Das passt überhaupt nicht in unsere Vorstellung von der Allmacht Gottes. Unser natürliches, religiöses Denken findet im Islam seine klarste Ausformung. Der Islam lehrt, dass Jesus einer der größten Propheten gewesen sei, und schreibt ihm eine Menge Wunder zu, sogar mehr, als in der Bibel stehen. Von der Jungfrauengeburt bis zur Himmelfahrt, ja sogar bis zu seiner Wiederkunft im Zusammenhang des Gerichtes ist im Koran da und dort die Rede.
Die Kreuzigung Jesu allerdings wird geleugnet. Wenn man das liest, ist man erstaunt. Die Tatsache, dass Jesus gekreuzigt wurde, ist schließlich auch von nichtchristlichen römischen Schriftstellern bezeugt worden. Die kann man historisch am allerwenigsten bezweifeln. Trotzdem geschieht es im Koran.
Die Begründung, die in Sure 4, Vers 158 der Ablehnung der Kreuzigung Jesu zugefügt wird, lautet: "Gott ist mächtig und weise." Das ist typisch. Es würde die Allmacht Gottes widerlegen, wenn sein Bote von den Gegnern getötet werden kann. Das kann Gott um seiner selbst willen nicht zulassen. Das leuchtet unserem Denken sofort ein.
Die Wirklichkeit Gottes, wie sie sich uns in Jesus Christus offenbart, sprengt allerdings unser gewohntes Denken. Gott entspricht nicht den Klischees, die wir uns von ihm machen. Sicher drückt sich seine Allmacht auch in den Wundern Jesu aus. Und sie findet in der Auferweckung Jesu aus dem Tode sicherlich einen wichtigen Ausdruck. Aber das Unerhörteste von allem ist: So allmächtig ist Gott, dass er aus Liebe zu seinem rebellischen Geschöpf sterben kann. Die Allmacht Gottes ist nicht eine grenzenlose Tyrannenallmacht. Es ist die Allmacht der Liebe des Schöpfers. Es ist eine heilige Liebe. Sie kann das Letzte geben. Sie gibt das Leben.
(Ulrich Parzany)
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