Wer wagt, gewinnt sein Leben!
Vor der Nordseeküste tobte ein schwerer Orkan. Alarmbereitschaft war auf allen Rettungsstationen angeordnet. Der Rundfunk sendete seine Warnmeldungen über das Meer. Auf den Kommandobrücken der Schiffe standen die Diensthabenden mit besorgten Gesichtern.
Es war der 28. November 1951.
Es dunkelte schon, als der englische Dampfer "T" bei Borkum auf Grund lief. Schwere Brecher überfluteten das Schiff. Noch einmal ließ der Kapitän die Maschinen rückwärts laufen - ohne Erfolg. So gab der Funker das alte Seenotzeichen: SOS!
Daraufhin begann eine Rettungsaktion der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, die zu den aufregendsten unserer Zeit gehört. Das kleine Rettungsboot "Borkum" lief 25 Minuten später aus. Die Männer an Bord wussten, was auf dem Spiel stand.
Noch bevor die "Borkum" an die "T" herankam, brach das Schiff unter der Wucht der Brecher auseinander. Dazu lag der Dampfer ungünstig auf der Sandbank. Die kleine "Borkum" musste unter Gefahr für Boot und Besatzung an das Wrack heranfahren. Dabei wurde sie von Wellen und Grundseen wild umhergeworfen. Beständig war sie in Gefahr, an dem Wrack zu zerschellen. Dann drehte sie wieder ab und nahm einen neuen "Anlauf" unter dem Bug des Wracks hindurch.
Auf dem Deck des auseinandergebrochenen Schiffes standen Kapitän und Mannschaft, zerschlagen, durchfroren, übermüdet, hoffnungslos. Als die "Borkum" den zweiten Anlauf fuhr, erkannte der englische Kapitän die Absicht des Retters: Über die wildbrandende See auf das Rettungsboot springen! Er erkannte die letzte Möglichkeit. Als erster sprang er über den brodelnden Abgrund, um seinen Männern Mut zu machen. Zwanzig Anläufe fuhr die "Borkum", und dreizehn Mann der Besatzung retteten sich durch den Sprung über den Abgrund. Aber das waren nicht alle! Zwei Mann gingen verloren. Sie wagten den Sprung nicht.
SOS auf den Meeren des Lebens!
Manches junge Menschenleben ist auf Grund gelaufen. Es versucht unter Aufbietung aller Kräfte, "flott" zu werden. Aber es gelingt nicht. Es zerbricht wie der englische Dampfer "T". Ein ungeheurer Abgrund tut sich auf.
Auch Gott fährt seine Anläufe zur Rettung der Menschen. Der Glaube an ihn ist wie ein Sprung, ein Wagnis inmitten eines bedrohten und verlorengehenden Lebens.
Hilfe gerufen hatten sie auf der "T" wohl alle. Aber gerettet wurden nur die, die den Absprung wagten.
Lasst uns den Sprung wagen über die Zweifel, über die zerstörenden Mächte in dieser Welt, über den brodelnden Abgrund, der sich vor uns auftut, und lasst uns in das rettende Boot springen, das Gott uns sendet.
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