Wer nicht danken kann, ist unglücklich
Pastor Bruns, Marburg, erzählt in "So. Weg" Nr. 36, 1939:
"Ich kam zu einem älteren Fräulein. Sie ist etwa Mitte der 50er Jahre. Seit ihrer Konfirmation hat sie Gemeinschaft mit Christus. Seit ihrem 12. Lebensjahr aber ist sie krank. Sie bekam Knochentuberkulose. Sie hat unsagbare Schmerzen ausgehalten. Oft war die Wunde, die am Morgen die Größe eines Stecknadelknopfes hatte, am Mittag so groß wie ein Fünfmarkstück. Zweimal am Tage mussten die Pflaster auf die eiternde Wunde gelegt werden, damit sie wenigstens etwas Linderung hatte. Im Laufe der Zeit stellten sich noch rasende Kopfschmerzen dazu ein. Oft fand sie nur eine Stunde in der Nacht etwas Schlaf. Vor allem aber wurde sie etwa im vierzigsten Lebensjahr auch noch völlig blind und sitzt jetzt seit über zehn Jahren ganz im Dunkeln. Wie aber trägt sie dies unsagbar schweres Leid? Fröhlich und getrost! Ich habe kein Wort der Klage aus ihrem Munde gehört. Im Gegenteil: ich habe aus ihren erloschenen Augenhöhlen etwas von einer diese Freude herausstrahlen sehen. Nicht ich habe ihr viel sagen können. Sie aber hat zu mir 'geredet' und sprach z.B. den kleinen Satz aus: 'Wer nicht danken kann, ist unglücklich.' Auch die Hausgenossen, die sie betreuen, haben mir bezeugt, dass sie in all den Jahren des Zusammenlebens kein Wort der Klage oder der Anklage zu hören bekamen. Die Kranke trägt ihr Leid in der Kraft ihres Herrn. Sie hat ihn früher wohl gebeten, ihr das Leid abzunehmen. Jetzt aber hat sie seit langem in all dem eine Führung Gottes erkannt und nimmt täglich die Kraft aus Gottes Hand, stille zu sein und ja zu sagen."
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