Wenn jeder auf Kosten der anderen fröhlich sein will

Eine Erzählung aus dem alten China berichtet von einem jungen Paar, das sein Hochzeitsfest feiern wollte. Sie luden alle Bewohner ihres Dorfes dazu ein. Weil die beiden arm waren, baten sie ihre Gäste, jeder möge eine Flasche Wein mitbringen. Am Eingang ihres kleinen Hauses würde ein großes Faß stehen, in das jeder ankommende Gast seinen Wein gießen könnte. So würde dann jeder vom Wein des anderen mittrinken, und alle würden sich miteinander freuen.
Der Hochzeitstag war da. Die Gäste kamen in großer Zahl. Als nun das Fest eröffnet wurde, liefen die Diener zu dem großen Fass und schöpften daraus jedem Gast sein Glas voll. Doch die Betroffenheit der Gäste war groß, als sie merkten, dass nur Wasser in dem Fass gesammelt worden war. Jeder schämte sich, als ihm klar wurde, dass er ebenso gedacht hatte wie alle anderen: "Die eine Flasche Wasser, die ich ins Fass gieße, wird keiner schmecken!" Nun aber wurde offenbar, dass jeder auf Kosten der anderen hatte feiern wollen. Als sie auseinandergingen, wusste jeder: "Mein Egoismus hat dazu beigetragen, dass das Hochzeitsfest misslungen ist."
Gott hat uns, seine Menschenkinder, dazu geschaffen, miteinander und füreinander zu leben. Weil Gott uns liebt, hat er uns viele Gaben gegeben, so dass wir einander erfreuen, beschenken, beglücken können. So könnte das Leben sehr schön sein, wie ein Fest, zu dessen Gelingen jeder beiträgt. Aber unsere Selbstsucht verdirbt das Leben, das eigene wie das der anderen. Wir bleiben einander dauernd etwas "schuldig". Einer versucht auf Kosten des anderen zu leben, wie in jener chinesischen Geschichte die Hochzeitsgäste. Wir vergessen auch, was Gott, unser Schöpfer, uns Gutes getan hat. So wird unser Leben eng, arm an Freude. Wir sorgen uns ständig um uns selbst und verlieren dabei, was Gott uns doch zugedacht hatte, ein erfülltes Leben in Dankbarkeit gegenüber dem Geber aller Gaben und in Liebe zueinander.

Quelle: In Bildern reden, Heinz Schäfer, Beispiel 1450
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