Wenn ich krank werde, will ich mich bekehren

Es war an einem schönen Frühlingsabend im Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, als eine Nachbarin zu einem alten Ehepaar ins trauliche Stübchen trat, um sie zu einer Evangelisationsversammlung abzuholen. Der Mann war gleich bereit, die Frau aber sagte: "Ach, das Gehen wird mir so schwer und ich bin müde." Trotz allen Zuredens war sie nicht zu bewegen, mitzukommen. "Ein andermal gehe ich mit", so hieß es. Ihr Mann ging, sie aber blieb zu Hause. Als dieselbe Besucherin ihr am nächsten Morgen, noch voll von dem Eindruck des Gehörten, erzählte, wie der Prediger im Anschluss an das Wort: "Heute, so ihr Seine Stimme höret, so verstocket euer Herz nicht!" so ernst zur Buße gemahnt habe, da es ein furchtbares Ding sei, in unbekehrtem Zustand zu sterben, da schien auch die Alte tief ergriffen und sagte nach längerem Stillschweigen: "Ich will mich doch auch noch bekehren."
"Dann ist es aber die höchste Zeit, dass Sie das tun! Sie sind schon 67 Jahre alt und auch nicht mehr die Gesundeste", meinte die Besucherin.
"Ach, jetzt habe ich noch keine Zeit dazu. Sehen Sie, liebe Frau S., wenn man sich bekehrt, so muss man doch auch beten und die Bibel lesen und das kann ich jetzt noch nicht." -
Frau S. wusste aber, dass die Frau, die keine Zeit hatte zum Beten und Bibellesen, viel kostbare Zeit auf das Lesen von Schauerromanen verwendete. Sie drang deshalb weiter in sie: "Ja, wann werden Sie denn Zeit haben?"
"Wenn ich krank werde, will ich mich bekehren", antwortete die Alte. "Dann will ich über mein Seelenheil nachdenken und die Bibel lesen. O, ich habe eine schöne, große Bibel; kommen Sie einmal in mein Schlafzimmer, ich will sie Ihnen zeigen!"
Und wirklich, da lag das heilige Buch hoch oben auf einem Brett über ihrem Bette.
"Das ist ein schönes Buch und wert, dass Sie es herabholen und lesen, lieber heute als morgen, denn Sie können ja nicht wissen, ob Sie überhaupt krank werden. Man kann auch schnell sterben."
"Ach, der liebe Gott ist barmherzig, Er wird mich wohl krank werden lassen, ehe ich sterbe und dann im Bett habe ich Zeit, mich zu bekehren."
Seufzend ging Frau S. zurück in ihre Wohnung. Kurze Zeit darauf zog die alte Frau in einen entfernten Stadtteil. Nach einigen Wochen wurde ihr von einer Bekannten die erschütternde Nachricht gebracht, dass diese alte Frau gestorben sei. Krank sei sie gar nicht gewesen. Eines Abends, als ihr die Umgebung der neuen Wohnung noch fremd war, kam sie in der Dunkelheit heim und fiel in einen offen gelassenen Keller. Sie brach sich den Hals und war augenblicklich tot.
So war es ihr nicht vergönnt gewesen, auf dem Krankenbett zu beten und die Bibel zu lesen - sie hatte den Heiligen Geist fortgeschickt, als Er sie rief.

Quelle: Der ewig reiche Gott, Dietrich Witt, Beispiel 1023
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