Wenn der andere es macht
Es ist schon komisch - wenn ein anderer für eine Sache viel Zeit braucht, ist er langsam; wenn mir das passiert, bin ich gründlich. Wenn der andere es überhaupt nicht macht, ist er faul; wenn ich es nicht mache, bin ich zu beschäftigt. Wenn der andere es ohne Aufforderung macht, überschreitet er seine Kompetenzen; wenn ich es ohne Aufforderung mache, zeige ich Initiative. Wenn der andere zu seiner Meinung steht, ist er dickköpfig; wenn ich das tue, bin ich nur konsequent. Wenn der andere mal gegen ein paar Anstandsregeln verstößt, ist er ein ungehobelter Klotz; wenn ich so etwas tue, beweise ich Souveränität.
Wenn der andere so handelt, ist er eklig, wenn du es tust, sinds die Nerven. Wenn er auf seiner Meinung beharrt, ist er eigensinnig, wenn du es tust, ist es Standhaftigkeit. Wenn er deine Freunde nicht mag, hat er Vorurteile, wenn du seine nicht leiden kannst, beweist du deine Menschenkenntnis. Wenn er versucht, dir entgegenzukommen, will er sich einschmeicheln, wenn du es tust, bist du taktvoll. Wenn er Zeit braucht, etwas zu tun, ist er tödlich langsam, wenn du Ewigkeiten brauchst, handelst du überlegt. Wenn er sich an Kleinigkeiten klammerst, ist er verschroben und pedantisch, wenn du es tust, bist du gewissenhaft.
Richten bedeutet kritisieren, ein negatives Bild von dem andern haben, Vermutungen über den andern anstellen, die übertrieben und falsch sind und seinem Ruf schaden.
(Swindoll/Zeit der Gnade, S.182)
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