Wenn alle Gebete nur Selbstgespräche wären

Ein Pastor erzählt: In einer mittelenglischen Großstadt bin ich zu Gast in einer Schule, die etwa unserer Realschule entspricht, und sitze in der Klasse der Sechzehnjährigen. Es sind Söhne von Kaufleuten, Lehrern, Beamten, Ingenieuren, alle mit dem gleichen Schulwappen an der Jacke. Aber sie wirken alles andere als uniformiert, weder in ihrem Aussehen noch Denken.
Es ist gerade evangelischer Religionsunterricht. Das Thema ist das Jesuswort: "In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!" Man redet über die Angst, die den Menschen befallen kann. Da bitte ich, eine Frage an die Schüler richten zu dürfen, und schreibe an die Tafel: "Was ist das Schrecklichste, was du dir vorstellen kannst?" Es werden Zettel ausgeteilt, um diese Frage kurz zu beantworten. Die Jungen begreifen diese Frage, und in wenigen Minuten sind die 27 beschriebenen Zettel zurückgegeben, zu meinem großen Erstaunen alle mit Namen versehen, wozu nicht aufgefordert worden war. Bei der Verlesung ergibt sich, dass die Antworten in drei Gruppen und eine Einzelstimme zerfallen. Sie lauten:
"Wenn mich eine unheilbare Krankheit befiele" (15 Stimmen).  -  "Wenn die Menschheit durch einen Atomkrieg umkäme" (9 Stimmen). Ein Zusatz: "Und ich allein am Leben bliebe."  -  "Wenn der Kommunismus die Welt eroberte" (2 Stimmen).  -  Und die Einzelstimme lautete: "Wenn alle Gebete nur Selbstgespräche wären."

 

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 332
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