Was ist aus dem Kind in der Krippe geworden?
Der "Simplizissimus" war eine satirische Wochenzeitschrift, die aus spitzer und frecher Feder gespeist wurde. In jenem "Stürmer" auf die satte Bürgerlichkeit erschien in einer der Weihnachtsnummern auf der Titelseite ein weihnachtliches Bild, das alle frommen und christlichen Gemüter erregte. Vor einer großen Krippe kniete der repräsentative Querschnitt der deutschen Bundesrepublik und betete den Inhalt dieser weihnachtlichen Krippe an. Das Besondere an dem Bild war, dass das Kind - das Christuskind - aus der Krippe verschwunden war und statt dessen das liebste Kind des heutigen Menschen darin lag: Der gestaltgewordene Lebensstandard.
Neben einem Monsterkühlschrank lag ein Superplattenspieler mit allen Schikanen, und neben dem Fernsehapparat das neueste Modell der Autofirma Sowieso, verchromt bis zum Auspuff, versteht sich von selbst. "... und sie fielen nieder und beteten es an."
Das Erkennungszeichen von Weihnachten soll das Kind in der Krippe sein. Was ist nur aus dem Kind in der Krippe geworden? Es ist rausgerutscht - aus der Wirtschaftswunderkrippe. Bei dem Marathonlauf um das goldene Kalb war es uns im Wege. Wir haben es fröhlich ausgesetzt. Die Dinge in dieser Welt gehen uns vor. Das Irdische interessiert uns mehr als das Überirdische.
"Wär' Christus tausendmal in Bethlehem geboren und nicht in dir, du gingst auf ewig, ewig auch verloren." (Angelus Silesius)
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