Viele andere Lüste gehen hinein und ersticken das Wort
In einem Dorfe wurden Evangelisationsversammlungen abgehalten, die der Herr reichlich segnete. Eine Jungfrau wurde aufmerksam auf die Gefahr, halb der Welt und halb dem Herrn angehören zu wollen, und in der Stille ihres Kämmerleins schrieb sie in ihr Notizbuch: "Von heute ab will ich Jesu angehören und nicht mehr der Welt."
Aber zwei Tage später reute sie dieser Entschluss. Sie hatte gehört, dass ein Ball stattfinden solle, und die Einzelheiten, die damit verbunden waren, hatten für sie solchen Reiz, dass sie beschloss, dies eine Mal noch mitzumachen. So nahm sie abermals ihr Notizbuch zur Hand und schrieb unter die oben erwähnten Worte: "Von heute in vierzehn Tagen an will ich meinen Vorsatz ausführen." Ehe aber jene vierzehn Tage um waren, erkrankte sie heftig und wurde bald von furchtbarem Fieber ergriffen. Sie verlor öfters die Besinnung, und in ihren Fieberphantasien murmelte sie oft die Worte: "Es ist zu spät!" In lichten Augenblicken suchte man sie zum Herrn zu weisen; aber kein Zuspruch wollte haften. Sie wies alles ab mit den Worten: "Es ist zu spät!" Es kam die Todesstunde. Sie hatte lange still dagelegen. Da bewegte sie noch einmal ihre Lippen; ihre Pflegerin beugte sich zu ihr nieder, um die geflüsterten Worte zu verstehen. Sie hörte nur die Worte: "Zu spät!" Nach ihrem Tode erst fand man in ihrem Notizbuch die Worte, die den merkwürdigen Zustand erklärten.
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