Vati, ich weiß, du sagst nein, aber...

Von Zeit zu Zeit beginnt mein kleiner Sohn eine Unterhaltung mit den Worten: "Vati, ich weiß, du sagst nein, aber...", und dann kommt er mit irgendeinem Wunsch heraus. Gelegentlich und zu seiner Überraschung wird seine Bitte gewährt. Häufiger ist seine Einschätzung der Situation richtig, und meine Antwort lautet nein. Sie werden es kaum glauben, aber zumeist ist er dann erleichtert. Meine Ablehnung hat ihn in seiner Einschätzung der Situation bestätigt. Gewöhnlich weiß er schon vor dem Fragen, welche Bitte unsinnig ist; aber er ist hin und her gerissen. Zwischen seinem Wunsch und seiner besseren Einsicht besteht ein Konflikt. Meine Ablehnung hilft ihm, den Konflikt zu lösen, und sagt ihm zugleich, daß seine bessere Einsicht richtig war. Dieser Vorgang wiederholt sich. Dadurch und durch die Gnade Gottes kann er eines Tages die Alternativen, mit denen ihn das Leben konfrontiert, selbst abwägen und zu den richtigen Folgerungen kommen.
Wäre ich so unweise, jeder Lust und Laune meines Sohnes nachzukom-men, ich würde ihm damit einen bösen Dienst erweisen, weil ich ihm die notwendige Bestätigung seiner eigenen richtigen Anschauung vorenthielte, durch die er jenes Selbstbewusstsein entwickeln kann, das er für spätere Jahre braucht. Ein Nein ist ebenso eine Antwort wie ein Ja, und manchmal ist es die einzige Antwort, die Gott in seiner Liebe und Weisheit seinen Kindern geben kann. 
(J. A. Lernender)

Quelle: In Bildern reden, Heinz Schäfer, Beispiel 1341
© Alle Rechte vorbehalten