Unwissend das eigene Kind gerettet
In einer Hütte an einer westlichen Prärie Amerikas wohnte vor vielen Jahren eine Familie, die aus Mann, Frau und einem zweijährigen Töchterchen bestand. Eines Tages trieb der Mann eine Anzahl Rinder auf den Markt. Ehe er aber ging, musste er seiner Kleinen versprechen, ihr eine Puppe mitzubringen. Er verkaufte also sein Vieh und besorgte dann allerlei für den Haushalt. Auch die Puppe wurde nicht vergessen. Als es dunkel wurde, machte er sich auf den unheimlichen Rückweg. Unterwegs, wie er so dahinschritt, überfiel ihn ein schweres Gewitter; und gerade wie dieses seinen Höhepunkt erreicht zu haben schien, hörte er ein Kind schreien. Auf diesem Wege war schon mancher von Räubern angefallen worden, und es war bekannt, dass dieser Mann Geld bei sich hatte, den Erlös aus dem verkauften Vieh. Zuerst dachte er deshalb, es handle sich hier um eine von Wegelagerern gestellte Falle, dass er Halt machen und dann seiner Schätze beraubt werden solle. Aber das Schreien des Kindes ward lauter und immer herzbeweglicher, dass er abstieg und in der Dunkelheit herumtastete, bis er schließlich nach langem Suchen das Kind fand. Dasselbe war ganz ermattet, durchnässt und beinahe tot. Er wickelte es, so gut er konnte, ein, bestieg sein Pferd wieder und setzte mit dem kleinen Findling seinen Heimweg fort. Als er in die Nähe seines Hauses gelangte, sah er, dass alle Zimmer desselben hell erleuchtet waren, so dass er meinte, seine Frau habe alle diese Lichter angesteckt um ihm den Heimweg zu zeigen. Aber nein. Im Hause herrschte große Aufregung. Die Nachbarn waren versammelt und standen um die Frau des Hauses herum, die sich geradezu untröstlich stellte. Auf seine Nachfrage hin erfuhr er, dass sein kleines Töchterchen fortgelaufen war. Es hatte seinem Vater entgegen gehen und seine Puppe in Empfang nehmen wollen. Dabei hatte es sich verirrt. Dann wickelte der Vater aus dem Tuch das Kind, das er draußen in den Feldern gefunden hatte, heraus, und siehe da, es war sein eigenes Kind, das er draußen in der Finsternis nicht erkannt hatte! Wie groß war die Freude und wie groß der Lohn für die Selbstlosigkeit, die der Mann bei der Rettung des Kindes bewiesen hatte!
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