Unser Herrgott ist gestorben - Martin Luther und seine Frau

Luther war einmal tief traurig, saß schweigsam am Mittagstisch, wo er sonst von fröhlicher und geistvoller Rede übersprudelte. Die Tischgäste schauten erschrocken in ihre Teller, und seine Hausfrau sah fragend in sein liebes Gesicht, von dem sich die dunklen Wolken nicht verscheuchen ließen. Da sann sie nach, wie sie des Eheherrn Seele trösten könnte, und verfiel auf ein eigenartig Mittel. Eines Tages, da Luther von seiner Vorlesung in die Wohnung im schwarzen Kloster zurückkehrte, trat ihm seine Käthe in Trauerkleidern entgegen. Er erschrak: "Wer ist gestorben?" 
"Unser Herrgott!", sagte sie. 
Er musste lächeln: "Ei, du Närrlein, was treibst du für Narrendinge? Solche Scherze stehen dir übel!" 
Aber sie antwortete: "Doch - unser Herrgott muss gestorben sein. Sonst könnte mein Martinus nicht so traurig sein!" - Jetzt ging ihm ein Licht auf. 
Er umfasste Sie mit beiden Armen: "Ja, du hast Recht, ich darf nicht traurig sein, da mein Herrgott im Himmel lebt, und seine Wege eitel Güte und Weisheit sind."

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 117
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