Spekulanten auf Gottes Zinsfuß

Viele Christen schreiben Gott vor, wie er sie lohnen muss, und ihr Verhältnis zu ihm besteht in einer säuberlichen Rechnung mit den zwei Fächern soll und haben. Der Dichter Heinz Steguweit erzählt von einem Bauern, der sich vor Freude nicht mehr kennt. Dem Pfarrer erzählt er als Ursache seiner Freude: "Zwei Kälber hat meine Kuh geworfen! Zwei Kälber bringen 50 Taler, und um 50 Taler war ich verschuldet. Morgen wollten sie meine Hütte pfänden. Nun kann ich wohnen bleiben, wo schon meine Väter wohnten!" Dieses Glück scheint ihm der Lohn dafür zu sein, dass er vor zehn Tagen einem Bettler einen Sechser geschenkt hatte. Um noch größeren Lohn zu empfangen, beschließt er, das nächstemal dem Bettler zwei Sechser zu geben. Vielleicht würde Gott die Marktpreise steigen lassen und er könnte statt 50 Taler 60 beim Verkauf bekommen. Gesagt, getan. Am Abend kommt sein Weib heulend, die Kuh sei eben verendet, und das Kälberpaar täte gerade die letzten Züge. Da schrie der Bauer: "Womit habe ich das verdient?", sein Pfarrer gab ihm auf diese Frage zur Antwort: "Mein Lieber, Gott lohnt die Wohltäter mit Zinsen. Du aber bist kein Wohltäter. Du wurdest ein Spekulant auf Gottes Zinsfuß."

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 2488
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