Sorge für das Seelenheil des anderen verfehlt das Ziel nicht
»Als ich noch ein Prediger auf dem Lande war, hörte ich einmal eine Predigt von D. L. Moody. Sie feuerte mich dermaßen an, dass ich zu meiner Landgemeinde zurückkehrte und versuchte, so zu predigen, wie er es getan hatte. Und Gott gab viel Gnade zu diesem Werk. Es begann zwar nicht sofort, und ich war zuerst ziemlich entmutigt, als die Dinge nicht gleich so liefen, wie sie laufen sollten. Doch dann rief ich meine Gemeindevorsteher zusammen und bat sie: ›Sie müssen mir helfen.‹ Das versprachen sie. Am Ende stand ein alter Bauer auf und sagte: ›Ich habe in der Gemeinde noch nicht viel getan, doch jetzt will ich Ihnen helfen.‹ Hinterher flüsterte mir einer der Gemeindeältesten zu: ›Bitten Sie ihn nicht zu beten; denn das kann er nicht in der Öffentlichkeit.‹ Und ein anderer meinte: ›Bitten Sie ihn nicht zu predigen; denn er kann nicht zur Erbauung der Leute sprechen.‹ Am nächsten Morgen hatten wir einen der plötzlichen Schneestürme, für die diese Gegend bekannt war. Da stand dieser alte Bauer auf, sattelte sein Pferd und ritt meilenweit übers Land zur Schmiede eines Hufschmieds. Er band sein Pferd draußen fest und betrat - von oben bis unten mit Schnee bedeckt - die Schmiede, in welcher der Hufschmied allein arbeitete.
Der alte Bauer trat näher, legte seine Hand auf die Schulter des Schmiedes und sagte: ›Tom‹, und Tränen rannen ihm die Wangen hinunter. Er schluckte ein paar Mal und stieß dann hervor: ›Tom, als dein alter Vater starb, übergab er dich und deinen Bruder meiner Obhut. Ich habe euch beide aufwachsen lassen, bis ihr Männer geworden seid, und habe euch nie gebeten, Christen zu werden.‹ Das war alles. Er fragte ihn auch jetzt nicht. Er konnte es einfach nicht. Er kletterte wieder aufs Pferd und ritt heim. Danach verließ er monatelang sein Haus nicht mehr und starb bald darauf an einer Lungenentzündung.
Doch der Hufschmied ging an jenem Abend in die Gemeindeversammlung und sagte vor den Gemeindeältesten: ›Freunde, ich bin niemals in meinem Leben von einer Predigt angesprochen worden. Als aber heute Morgen mein alter Freund vor mir stand, mit Tränen in den Augen, bei diesem schrecklichen Schneesturm - da dachte ich plötzlich, dass es anders mit mir werden müsste.‹ Wir nahmen ihn in unsere Gemeinde auf, und heute ist er ein angesehener Gemeindeältester. Predigen kann also fehlschlagen, Singen kann zwecklos sein, doch die persönliche Sorge für das Seelenheil des anderen verfehlt das Ziel nicht.«
(aus "Wie gewinne ich Menschen für Christus")
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